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Kommentar Köhler-RücktrittDer beleidigte Präsident

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Für diese Zeiten regieren die falschen Leute mit dem falschen Programm. Insofern ist Köhlers beispielloser Rückzug das vorerst letzte und stärkste Symptom der Auflösung von Schwarz-Gelb.

D er Rücktritt von Horst Köhler macht plastisch, in was für einem zerrütteten Zustand sich die Regierung befindet. Wenn zum zweiten Mal in der bundesdeutschen Geschichte ein Präsident hinschmeißt, geht es nicht allein um die Frage, ob Köhler die Kritik an seinen Äußerungen zum Krieg unangemessen fand.

Denn diese Begründung wirkt allzu beleidigt, sie überzeugt nicht. Mit seiner Einlassung zu Militäreinsätzen und wirtschaftlichen Interessen Deutschlands vertrat Köhler eine Linie, die im vom Parlament beschlossenen Weißbuch zur Sicherheitspolitik steht. Man kann sie mit Recht für verwerflich halten. Köhler aber beging auf dem verminten Feld von Krieg und Auslandseinsätzen lediglich den Fehler, auszusprechen, was politischer Konsens ist - was sich aber niemand zu sagen traut. Kritik hätte er leicht aussitzen oder eben offensiv kontern können.

Wofür also steht dieser Rücktritt? Zunächst drückt sich in ihm Köhlers emotionale, nahezu unpolitische Haltung zum - zumindest nominell - höchsten Amt im Staate aus. Er schleudert der Welt entgegen: "Wenn ihr mich nicht mehr wollt, macht euren Kram doch allein!" Anstatt sich zu positionieren, wirft Köhler hin. Dieser mangelnde Respekt vor dem Amt, um mit Köhler zu sprechen, ist einer der Gründe dafür, dass einen der Rücktritt fassungslos zurücklässt.

Bild: anja weber

Ulrich Schulte ist Leiter des Inlandsressorts bei der taz.

Gleichzeitig macht es den Rückzug bedeutsam, auch wenn das überschätzte Präsidentenamt keine Gestaltungsmacht birgt. Denn Planlosigkeit und Überforderung kennzeichnen auch Mitglieder der schwarz-gelben Regierung. Ob es nun Merkels kalkulierte Profillosigkeit ist, ein dilettierender Wirtschaftsminister oder das hilflose Umherirren der FDP - Schwarz-Gelb vermittelt einen mitleiderregenden Eindruck. Die Programmatik der Koalition wirkt in der historischen Krise, in der wir uns nach wie vor befinden, realitätsfremd und gestrig, die Neupositionierung unglaubwürdig.

Es bleibt dabei: Für diese Zeiten regieren die falschen Leute mit dem falschen Programm. Insofern ist Köhlers beispielloser Rückzug das vorerst letzte und stärkste Symptom der Auflösung von Schwarz-Gelb. Union und FDP haben Köhler gemeinsam ins Amt gehoben, sein Rücktritt könnte den Abschied dieser Konstellation einläuten. Und er könnte für ein nächstes Novum in der deutschen Geschichte sorgen. Denn wenn ein Mann hinschmeißt, darf in der Politik oft eine Frau aufräumen.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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21 Kommentare

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  • B
    bluemoon321

    Also das sollte bei uns allen in Deutschland nun wirklich die roten Lampen angehen lassen. Es ist unfassbar, was die Journalisten, Kommentatoren, Meinungsmacher, Medienchefs und involvierte Politiker sich jetzt im Umgang mit Köhlers Rücktritt an ‚schlauen’ Urteilen leisten. Und warum???? … weil sie sich allesamt erwischt fühlen und nun erst mal eifrigst mit überaus schlauen Pseudopsychoanalysen und Unwahrheiten abwehren. In der Runde dieser Leute, die schon gar nicht mehr merken, wie grundgesetzwidrig und kriegerisch sie sich der Medien bedienen und wie sie selber permanent § 4 gegen § 1 anwenden, was höchst selbst verfassungswidrig ist, wirkt Köhlers Rücktritt __wie der Nadelstich in eine dicke Eiterbeule__, die dringend geöffnet werden musste. Aber noch begreift das niemand. Denn da kommt einem zunächst natürlich die ganze Soße entgegen und alle Welt wird damit besudelt, redet im gleichen Ton mit. Es wird jetzt dauern, bis diese faulende Wunde wieder heil wird. Aber der Stich war für die Republik dringend notwendig. Und zwar genau jetzt.

     

    >>Horst Köhler ist beleidigt und gekränkt. Missverstanden, und zu Unrecht kritisiert fühlt er sich.

  • U
    Uff

    Uff, hier wird offenbar ernsthaft mit dieser Lena argumentiert.

    Naja, dann eben: Bohlen, der Dieter, for Chefe! Schlimma wirds nimma.

  • M
    MikaL

    @bernd:

    Sie sollten sich doch nochmal mit den Inhalten des Weißbuches 2006 beschäftigen.Und fragen, wieso wohl die Bundeswehr zur Zeit von einer reinen Verteidigungsarmee zu einer Interventionstruppe umgerüstet wird.

     

    Abgesehen davon kann ich Köhlers Schritt nachvollziehen, die Kritik daran nur bedingt. Es geht ja nicht nur um seine aktuellen Aussagen, Köhler wurde in den letzten Monaten seit seiner Wieder-Ernennung quasi als Kasperl dargestellt. Er war der Regierung Merkel sicher auch unbequem, weil er durch seine Verweigerung von Unterschriften zu Gesetzen eine für Merkel (und das Parlament!) peinliche Situation erzeugte und die unsachgemäße, verfassungswidrige Verfasstheit mancher Gesetze offenlegte.Zu dem Drama um den EURO hat er sicher eine eigene Sicht als ehemaliger IWF-Direktor.

    Auch einem amtierende Bundespräsidenten steht es zu, Mensch zu sein und zu sagen, spinnt ihr, mich so zu behandeln? Und sich zu fragen, habe ich das wirklich nötig? Köhler hat dies beantwortet-für sich! Allen Respekt dazu.

    Pathos und Amt und Aufgabe? Naja, quasi als Kasperl hingestellt zu werden? In D sollten alle Politikerdarsteller in den Parlamenten und Regierungen sich an Köhler ein Beispiel nehmen.

    Und wer hier von den Kommentatoren Köhlers Schritt nur polemisch, auch höhnisch, kritisiert, sollte sich Fragen, in wieviel einfacheren Alltagssituationen er selber schon kurz davor stand, den Büttel hin zu werfen. Oder es getan hat. Nochmals: Respekt, Herr Köhler. Und ein schönes Privatleben als Mensch!

    Wir anderen dürfen uns nun auf eine/ Schauspieler/in im Amt freuen, auf dass die deutsche Zukunft weiterhin so glorreich abwärts geht. Die wissen schon, wieso sie die Bundeswehr bald im Inneren brauchen werden.

  • A
    Anna

    Mir scheint auch, das ganze Rücktrittsgerede lenkt nur vom eigentlichen Inhalt des Gesagtem ab, endlich mal ein Kommentar, der dem auf den Grund geht. Köhler hat bekannt gemacht, was deutsche "Sicherheitspolitik" eigentlich bedeutet: Unseren Wohlstand sichern und zwar mit allen Mitteln. Das macht sich weder gut auf Wahlplakaten, weil die Politiker wohl wissen, das die Mehrheit des Volkes den Wohlstand zu diesem Preis nicht will. Die entsprechende Stelle im Weißbuch heißt so: "Die Sicherheitspolitik Deutschlands wird von . . . dem Ziel geleitet . . ., den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstandes zu fördern." Das ist ziemlich klar, oder? Bei unserer Sicherheitspolitik geht es nicht um Verteidigung unseres Landes, sondern um Wirtschaftsinteressen! Anscheinend ist der Inhalt dessen, was Herr Köhler gesagt hat, so brisant, dass es die Menschen aufbringt. Die Menschen wollen offensichtlich eine ganz andere Politik, wie sie gerade praktiziert wird. Herr Köhler hat ja auch nicht gesagt, dass er die "Sicherheitspolitik", wie sie praktiziert wird, gut findet, sondern ganz neutral gesagt, dass man darüber diskutieren müsse.

  • RB
    Rainer Brase

    Herr Köhler hat mit seinem Geplapper im Ausland den Eindruck erweckt, man könne und dürfe Probleme, vor denen die BRD steht, militärisch lösen. Das ist sehr gefährlicher Unsinn. Dann könnten wir unsere Zukunft gleich in die Hände der Militärs legen und ganz auf den Quatschclub in Berlin verzichten. Da er sich angeblich mißverstanden fühlte, hätte er doch unmißverständlich klarstellen können, was er denn gemeint hat. Dazu hatte er aber nicht den Mumm. Stattdessen ist er nun zurückgetreten wie die beleidigte Leberwurst. Ich finde es gut und richtig, wenn Politiker, die Schwachsinn von sich geben, deswegen zurücktreten, aber wer soll die Pensionen dieser Herrschaften noch aufbringen? Die 1-Euro-Jobber und die Zeitarbeiter, die ohnehin schon um Ihren gerechten Lohn betrogen werden?

  • A
    Andreas

    Zu Horst Köhlers Rücktritt

    Was bitte hat Herr Köhler Verbrochen? … er hat einen Fehler gemacht!

    Ja und? … wo steht geschrieben das ein Bundespräsident keine Fehler machen darf und Perfekt sein muss?

    Das einzige was man Kritisieren kann ist das er diese Aussage was Afghanistan und die Bundeswehr betrifft nicht Revidiert, berichtigt oder klar gestellt hat.

    Ok,- aber die Frage sei erlaubt wie viele Politiker und ex – Politiker denn weitaus weniger konsequent waren, nie oder nur allzu unzureichend, belangt und Kritisiert wurden für Vergehen die weitaus schwerwiegender oder gravierender waren!

    Ich finde es absolut unmöglich und im Höchsten Maße respektlos Horst Köhler gegenüber wie jetzt auf ihn ein geprügelt wird!!!

    Es ist nicht zu fassen! … unglaublich, - geht’s noch? … ich meine hallo? Herr Köhler war unserer Präsident und nicht nur eine Marionette, aber genau dazu wurde er mehr und mehr gemacht und das er denn da, auf gut deutsch gesagt, mal irgendwann die Schnauze voll hatte kann ich – und hoffentlich auch noch recht viele andere - mehr als verstehen!

    Wer möchte denn auf Arbeit, in seinem Unternehmen, in seinem Verein oder wo auch immer nur gegen Türen laufen die zu sind?

    Wer würde denn nicht irgendwann versuchen was dagegen zu unternehmen und ggf. seine Konsequenzen ziehen?

    Wo war all die Jahre die Unterstützung die er gebraucht hätte?

    Wo Bleiben denn bitte die MENSCHLICHEN Züge der ganzen Kritisierenden Leute und Medien?

    Mir ist eine Politiker wie Herr Köhler alle male lieber und Sympathischer, der so wie er eine klare Linie hat und diese verfolg, der wirklich auch im Sinne des Volkes Arbeitet bzw. handeln möchte, als all diese Politiker und Wendehälse die bei den kleinsten Gegenwind seitens der Politik oder Wirtschaft gleich umfallen und dann lieber mit diesen anti – Volks Leuten mit Schwimmen nur um wiedermal ihre Tücher im trockene zu behalten bzw. ins selbige zu bekommen!

     

    Lieber und sehr geehrter Herr Köhler, ich ziehe den Hut vor ihnen und wünsche ihnen. Ihrer Frau und ihrer Familie alles denkbar Gute für die Zukunft und ihnen Persönlich ganz viel Kraft in diesen Tagen wo so viel Ungerechtes auf sie einprasselt!

     

    ABSOLUT PRO HORST KÖHLER

    Andreas Bauer

    (Hoppegarten)

  • F
    Frank

    zitiere:

    Für diese Zeiten regieren die falschen Leute mit dem falschen Programm.

     

    Das suggeriert, dass es Zeiten mit den richtigen Leuten, als auch richtige Programme gab.

     

    Das mag stimmen, aber sicherlich nicht in den vergangenen 5.000 Jahren, bzw. seit dem ersten Patriarchat.

     

    Insofern stimmt es, das alles beim Alten bleibt,

    oder besser:

    Eine erbärmliche Bankrotterklärung, der ach so zivilisierten Welt.

  • WW
    Wilhelm Westerkamp

    Bundespräsident Horst Köhler, ist in einer „Kamikaze-

    Aktion“, mit "sofortiger Wirkung", von seinem Amt,zu-

    rückgetreten. Nur zwei Stunden zuvor, verständigte

    er Kanzlerin Merkel. Merkel und Köhler hatten ein

    problematisches, ja schwieriges Arbeitsverhältnis. Ich glaube, das Köhler, Kanzlerin Merkel mit seinem kurzfristig anberaumten Rücktritt, schocken wollte. Er wollte sie demütigen und erschrecken, denn sie gab ihm schon längerer Zeit keine Rückendeckung mehr.

    Da waren die unklugen Äußerungen von Köhler, über den

    Afghanistan-Einsatz, nur der Tropfen auf den heißen

    Stein. Köhler,das weiß man, ist ein impulsiver Mann,

    der leicht einen cholerischen Ton anschlagen kann,

    der auch unangenehm für seine engsten Mitarbeiter

    sein konnte. Vielleicht sind die Nerven des schei-

    denden Präsidenten nicht die besten gewesen, so dass

    er diese belastende Situation nicht mehr ausgehalten

    hat,was sicher menschlich ist. Als Berufspolitiker hätte er hier professioneller reagieren müssen. So wird er als Präsident in Erinnerung bleiben, der eigenmächtig, das Handtuch geworfen hat.

  • NF
    norbert franz schaaf

    Horst Köhlers Auftritt zum Abtritt vor den Medien war große Klasse, wie er seine letzte Leidensstation und seinen Rücktritt ablas, aber vor allem diese Super-Synkope, die scharf kalkulierte Kunstpause, als er den Blick senkte, um nochmals zu lesen, und die Augen wieder hob und im Brustkorb der Überzeugung schwäbelte: „mit sofortiger Wirkung.“ Freilich alles nur geklaut: Das hat er seinem Landsmann, dem Richling, Matthias abgeschaut. H. Köhler wird gewiss vermisst werden – von den Kabarettisten. Und von all den Unwissenden, die nicht mitbekommen haben, was Dr. Köhler als Staatssekretär im Finanzministerium der gesamtdeutschen Bevölkerung mit Langzeitwirkung eingebrockt, wie er den ach so geliebten Afrikanern als IWF-Direktor das Fell über die Ohren gezogen und das politikverdrossene, wahlmüde deutsche Volk hinters Licht und ins Ungewisse geführt hat. Das Marionetten-Projekt in Filzpantoffeln von Muddi und wilder 18 ist aufs Härteste gescheitert.

  • DW
    Dieter Weissig

    Horst und Lena

    Der beleidigte Präsident und die fröhliche Grand Prix Gewinnerin.

    Warum gibt es bei Köhlers Rücktritt und Lenas Erfolg so außergewöhnliche emotionale Reaktionen?

    Beide bieten ein hohes Maß an Identifikations-und Projektionsmöglichkeiten für eigene Sehnsüchte, Ängste und Befürchtungen:

     

    1. Vertrauen:

    Lena scheint sich stets und bei jedem Anlass zur rechten Zeit am rechten Platz zu befinden. Was auch geschieht, es scheint richtig zu sein. Sie vermittelt Gelassenheit und positive Aufgeregtheit. Sie erfährt Wohlwollen "wie 569 Hundebabies". Köhler erfährt Kritik und fühlt sich fehl an seinem Platz, weil ihm und seinen Worten scheinbar niemand im Parlament vertraut.

     

    2. Respekt anderen und sich selbst gegenüber:

    Lena erfährt Respekt, Anerkennung und respektiert locker Kritik. Köhler vermisst Respekt für sich und sein Amt, teilt verbissen Kritik aus und fühlt sich missverstanden.

     

    3. Authentisch sein

    Lena scheint im Einklang mit ihrer inneren Wahrheit, ihrem Können und ihrer Mangelhaftigkeit zu sein. Sie nimmt sich selbst nicht so wichtig; Köhler scheint verletzt, verbittert, beleidigt, nimmt sich und seine Amtsauslegung sehr wichtig.

     

    4. Aufrichtigkeit

    Lena lebt auf ihre eigene Weise und in ihrem Tempo – was ihr Spaß und Freude bringt, was sie liebt und ihr Herz lachen lässt. Köhler wirkt getrieben, zweifelnd und verzweifelt; um seine Aufrichtigkeit sich selbst gegenüber zu behalten, tritt er zurück.

     

    5. Gesundheit

    Lena und Köhler geht es im engsten Sinne um die eigene Gesundheit, das Wohlfühlen, die eigene Integrität. Deswegen tritt Köhler zurück und Lena geniesst das, was sie tut und ist offen für Neues.

     

    6. Zukunftsplanung

    Für Lena besteht kein Grund, sich vor Kritik, Diskussionen, Konflikten oder Problemen zu ängstigen; sie hat in Stefan Raab für sich den optimalen Berater. Wer berät oder hat Horst Köhler in seiner Entscheidung beraten? Wie stellt er sich seine Zukunft vor? Kritiklose Anerkennung wird er nirgendwo finden.

     

    Welches sind wünschenswerte Attribute nicht nur für einen Bundespräsidenten?: Mit Freude, Emphatie und Anerkennung erfolgreich sein beim eigenen Tun, ungeahntes Grosses erreichen; ehrlich mit Selbstironie die eigenen Grenzen anerkennen, dem Ganzen dienen, nachvollziehbar, transparent, talentiert, verantwortungsvoll sich mit individuellem Können und unkonventionellen Ideen eine Aufgabe meistern, ein Team hinter sich zu wissen, bei dem jeder sich auf den anderen verlassen kann.

    Attribute, die in der ersten Amtsperiode auf Horst Köhler zutrafen, wie übrigens auf WM 2006 Kliensmann, auf Obama, vor der Regierungszeit auf die Schwarzgelbe Koalition,auf van Ghaal und aktuell nahezu perfekt auf die 19 jährige Lena zutreffen.

     

    Leider lässt Kanzlerin Merkel, das Parlament, Herr Westerwelle, Herr Seehofer,die Opposition, die politischen Akteure in NRW, die Sprecher von BP, die Isralische Führung und Herr Köhler bei seiner Rücktrittserklärung und und und... genannte Attribute schmerzhaft vermissen. ( Kompliment für die taz, die diese Attribute vermittelt.)

     

    D.W.

  • RP
    Richard Pestemer

    Mein Position zum Köhler-Rücktritt hier als Linkverweise:

     

    http://www.tacheles-regional.de/index.php?id=776&tx_jppageteaser_pi1[backId]=1

  • O
    oce

    Was Horst Köhler nun fertig gebracht, sucht seines gleichen. Auf jeden Fall hat er nun nach berechtigter Kritik an seiner Person ein Alleinstellungsmerkmal hinsichtlich seiner unrühmlichen Amtsniederlegung. Einfach weggelaufen ist er, nachdem es ein kleines bisschen turbulenter um ihn wurde. Vielleicht ist es auch gut so.

  • B
    bernd

    Im Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands ist keine Rede davon, "dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege". Im Gegenteil heißt es dort, dass zur deutschen Sicherheitspolitik "diplomatische, wirtschaftliche, entwicklungspolitische, polizeiliche und militärische Mittel" gehören. Der inhaltliche und politische Unterschied zwischen diesem Satz und dem des deutschen Staatsoberhauptes, das in Person im Inland nicht ernst genommen wird, im Ausland aber für ganz Deutschland spricht, reicht für mehrere Rücktritte. Der Bundespräsident muss sich in der Aussenpolitik an die Linie der Regierung halten. Auch im Bundeswehreinsatz am Horn von Afrika werden nicht deutsche Handelswege geschützt, sondern Al-Quaida bekämpft. Horst Köhler hat als Bundespräsident Deutschland geschadet und versteht nicht einmal mehr seine eigenen Sätze. Gott sei Dank ist er weg! Was hätte da noch alles passieren können!

  • V
    vic

    Wir sollten uns die überflüssige Kostenstelle sparen. Niemand würde es bemerken.

    Nicht vor dem Jahreswechsel und den unvermeidlichen Reden.

    Die Flucht Köhlers ist kein Verlust, er wusste vermutlich selbst nicht was er da soll.

    Ich hätte übrigends gerne noch eine Definition von

    "das Amt beschädigen".

  • S
    stabil

    War das Lübke? Aber der hat nicht hingeschmissen. Er hat vorzeitig auf Wiederwahl verzichtet, wenn ich da richtig informiert bin

  • R
    Redon

    Der Präsident hat nur eine Wahrheit artikuliert, die niemand sonst in klare Sprache auszusprechen wagt: Daß der Krieg bringt Geld und verbessert die Wirtschaft eines Landes, ist ein grundlegendes Verständnis der internationalen Beziehungen. Warum sonst würden die Armeen dort sein? Weil Soldaten in Urlaub nach Afghanistan gehen? Es scheint, dass der Präsident eines Landes nicht erlaubt ist, ehrlich zu sein, Dinge beim Namen zu nennen, oder behaupten, dass der König trägt jetzt keine Kleider, wenn die Massen weiter behaupten wollen, dass die Nacktheit der König wie ein sehr eleganter Kleidung aussieht. Dieser Mann ist vielleicht zu ehrlich, um in der Show von den Erscheinungen und Lügen mit zu spielen.

  • LV
    Lukas van der Meer

    Montag, der 31.5.2010

    Bundespräsident Köhler zurückgetreten

    Er sprach die Wahrheit (deutsche Soldaten kämpfen für deutsche Wirtschaftsinteressen in der Welt) und wurde dafür zurecht kritisiert. Nicht fürs Aussprechen der Wahrheit, sondern für das Eingeständnis, dass dies die Funktion auch der dt. Armee ist. Übrigens: Keinswegs Konsens in der Politik, Herr Schulte, nur an Gewinnmaximierung orientierter Mainstream ! Anschließend spielt Köhler die „beleidigte Leberwurst“ und beklagt mangelnden Respekt vorm Amt. Das ist die Geisteshaltung des 19.Jahrhunderts, Majestätsbeleidigung sollte wieder unter Anklage stehen ? Kritik an Aussagen des Staatsoberhauptes sind „respektlos“ ? Wer (angeblich) zurücktritt, weil er kritisiert wird, handelt würdelos und respektlos vor dem Amt, das er bekleidet und offenbart, dass er dort nie hingehörte.

    Herr Köhler suchte einen Anlass zurückzutreten. Diesen Anlass als Grund anzugeben, zerstört die Würde und Autorität des Bundespräsidentenamts. Insofern macht er selber genau das, was er anderen vorwirft. Zurückgetreten gehören diejenigen, die ungestraft die deutschen Soldaten für Wirtschaftsinteressen einsetzen. Das ist nichts als post-koloniales, imperiales Gehabe der Industrienationen. Verbrämt mit Friedenslyrik, denn Handel und Ausbeutung brauchen selbstverständlich eine gewisse Stabilität. Nicht wirklichen Frieden, den schafft der Afghanistan-Krieg der „Bundeswehr“ (inzwischen Angriffsarmee) nicht, aber so etwas wie Geostrategie und Hegemonialmacht hinter dem Ober-Hegemon USA.

  • PK
    Paul Koop

    Es mag stimmen, dass der Abgang des Horst Köhler primär eine Krise von Schwarz-Gelb sichtbar macht. Ich bin dem scheidenden Bundespräsidenten aus ganz anderen Gründen für seinen Rücktritt dankbar. Der scheidende Bundespräsident hat immer wieder für sich die Richtlinienkompetenz in Anspruch genommen und damit permanent die Verfassung verletzt. Mit seinen Vorstellungen über den Einsatz der Bundeswehr hat er den Boden des Grundgesetzes verlassen. Ich bin froh, dass dieser Bundespräsident zurückgetreten ist.

     

    Erschreckend ist, dass bis zum befreienden Rücktritt dieses Bundespräsidenten kein Offizier der Bundeswehr die verfassungswidrige Haltung dieses Bundespräsidenten mit Befehlsverweigerung beantwortet hat. Denn kein Soldat der Bundeswehr darf verfassungswidrige Aufgaben erfüllen und jeder Bürger hat ein Recht auf Widerstand in diesem besonderen Notstand.

     

    Obwohl der Bundespräsident zurückgetreten ist steht nun fest, dass die Offiziere der Bundeswehr bereit dazu sind, die Bundeswehr für verfassungswidrige Zwecke einzusetzen.

     

    Erschreckend ist aber auch, dass dieser scheidene Bundespräsident als bekennender Christ und seiner Theorie vom gerechten ökonomischen Krieg sehr an einen Gotteskrieger erinnert, wie Richard Dawkins ihn in seinem "Gotteswahn" beschrieben hat.

     

    Der saloppe Umgang mit der Verfassung, die "Volksnähe" und die "Spiritualität" dieses Präsidenten sind erschreckend.

     

    Die neue Präsidentin oder der neue Präsident werden kaum ein anderes Bild vermitteln. Es sind gotteskriegerische Zeiten.

  • C
    carolus
  • O
    Ottilie

    Wann bitte, darf in Deutschland ein Staatsoberhaupt sich zu den brennenden Problemen dieser Zeit äußeren? Und wer bitte, legt dann fest, was dieses Staatsoberhaupt dann sagen darf? Die Kritik an den Äußerungen von der Herrn Köhler zum Afghanistan-Einsatz muss allen Eltern, die einen Sohn in dieser angeblich humanitären Mission verloren haben, wie eine schallende Ohrfeige vorgekommen sein. Seit Monaten wird von Politikern ein semantischer Streit darüber geführt, ob es sich in Afghanistan um einen Krieg handelt bzw. ob die Ausrüstung der deutschen Soldaten für diesen Einsatz nun ausreichend oder doch mangelhaft ist. Die Toten sind offenbar schnell vergessen. Und wenn dann das Staatsoberhaupt Tacheles redet, kommt ein heuchlerischer Aufschrei der Entrüstung aus allen Lagern. Aber nicht einer der Kritiker macht sich die Mühe, die Äußerungen des Bundespräsidenten ernsthaft zu hinterfragen oder hieb- und stichfest nachzuweisen, dass es um keine, aber auch um gar keine Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik im Ausland handelt. Nein, man schwelgt lieber in billiger Polemik. Ich kann mich noch recht gut an die Diskussionen um die Menschenrechtsverletzungen in China erinnern, die aber absolut kein Hinderungsgrund für deutsche Unternehmen waren und sind, Geschäfte mit China zu machen. Wo war und ist die Entrüstung darüber? Der Rückzug und letztlich der Rücktritt von Herrn Köhler ist für dieses Land bedauerlich, aber für mich menschlich völlig verständlich. Warum soll Herr Köhler sich das weiter antun, permanent seine Worte zu erklären und dann noch Leuten, die ja viel lieber ihre eigenen Interpretationen seiner Worte als Schlagzeilen sehen? Und die Bundeskanzlerin hat ja eh Wichtigeres zu tun, z.B., einer Grand-Prix-Gewinnerin zu gratulieren oder die deutsche Fußball-Nationalmannschaft im Trainingslager zu besuchen. Ach ja, letzteres hat ja Herrn Köhler durch seinen Rücktritt verhindert, und vermutlich wird er nun bei deren evtl. nächster Niederlage auch dafür rechtfertigen müssen.

  • O
    otto

    Er könnte sich ja ein neues Volk wählen...