Kommentar Knauserigkeit der Kirche: Kalt und abweisend
Die Arroganz muss den Kirchenoberen ausgetrieben werden durch die Scham vor ihrem eigenen Versagen und dem Versagen in ihren Bistümern.
Es ist ganz einfach und war auch zu befürchten: Beim Geld hört die Freundschaft eben auf. Da zeigt sich die katholische Kirche angesichts der Fälle sexuellen Missbrauchs reuig, wie es sich gehört für eine christliche Glaubensgemeinschaft. Da verspricht sie den Opfern Hilfe bei nötigen Psychotherapien. Doch wenn es konkret wird und die Geschädigten Kosten geltend machen wollen für therapeutische Maßnahmen, die die Kirche selbst nicht kontrollieren kann - da wird die allein selig Machende plötzlich so kalt und abweisend, wie sie auch sein kann und allzu oft ist. Es könnten ja ein paar tausend Euro in falsche Hände gelangen. Wie schäbig!
Das zeigt, was die katholische Kirche eben auch ist: ein Laden von Kirchenbeamten, denen - bis auf Ausnahmen - die Größe fehlt, über ihren eigenen Tellerrand hinauszuschauen und auch schmerzhafte Verantwortung zu übernehmen. Ein Tiefpunkt dieses absurden Kreisens um sich selbst, ja der höfischen Speichelleckerei war die eklige Solidaritätsadresse an den Papst in der Ostermesse auf dem Petersplatz. Da versicherte der Dekan des Kardinalskollegiums, Angelo Sodano, das Volk Gottes werde auf das Geplapper über den Missbrauchsskandal nicht hören. "Die ganze Kirche ist mit Ihnen", sagte er dem Papst.
Solange in der Hierarchie der Kirche ein solcher Geist herrscht, ist fast zu hoffen, dass der Missbrauchsskandal die Kirche noch lange durchrüttelt. Nur so kann ein Lerneffekt eintreten, dass das Kirchenvolk mehr ist als das klatschende Publikum, das die Bischöfe beizeiten so gerne hören. Die Arroganz muss den Kirchenoberen ausgetrieben werden durch die Scham vor ihrem eigenen Versagen und dem Versagen in ihren Bistümern. Die Übernahme von Kosten für Therapien und Entschädigungen kann für diesen Lerneffekt sehr hilfreich sein.
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