Kommentar Klimawandel: Der Katastrophe ins Auge blicken

Der Klimawandel schreitet noch schneller fort als erwartet. Weil es schon unsere Kinder und Enkel treffen wird, kann die Klimadebatte nicht ehrlich genug geführt werden.

Einer der renommiertesten Klimaforscher kommt zu alarmierenden Ergebnissen: Die Wirkungen des Treibhauseffekts schaukeln sich doppelt so schnell hoch, wie bislang in den aktuellen theoretischen Modellen vorausgesehen wurde. Kurz: Es wird alles noch viel schlimmer, als bislang erwartet.

Das bedeutet, dass die Ziele der Klimapolitiker längst nicht mehr ambitioniert genug sind. Denn selbst wenn sich die Industrieländer auf die geplante Beschränkung des Kohlendioxidausstoßes einigen, würde das Eis der Erde trotzdem größtenteils abschmelzen, der Meeresspiegel noch in diesem Jahrhundert um mehrere Meter steigen. Einigen Experten und Politikern sind diese Daten nicht sehr willkommen. Sie fürchten, dass mit dermaßen schlechten Nachrichten der Schwung erlahmen könnte, sich überhaupt noch gegen die Erderwärmung zu stemmen - wenn der Kampf ohnehin aussichtslos ist, warum nicht sich in das Unvermeidbare ergeben und hemmungslos den letzten Tropfen Öl und den letzten Krümel Kohle verheizen? Das aber wäre die falsche Schlussfolgerung.

Mit den neuen Forschungsergebnissen rückt die Klimakatastrophe näher an uns heran: Sie wird nicht mehr nur unsere Ururenkel treffen, sondern schon unsere Kinder und Enkel. Die Klimadebatte kann daher gar nicht ehrlich genug geführt werden. Nur wenn auch dem letzten US-Präsidenten, Konzernchef oder europäischen Vielflieger die Dramatik der Situation klar ist, wird es - auch gegen die einflussreiche und weltweite Energielobby - zu den nötigen Vereinbarungen kommen.

Nötig wäre dabei eine stärkere Zusammenarbeit mit den Schwellenländern. Ohne China, Indien und Brasilien wird es nicht klappen, das Klima zu retten. Für ein Exportland wie Deutschland geht es dann ans Eingemachte. Denn diese Länder werden von den reichen Ländern als Ausgleich für ihre Anstrengungen den Transfer von hochmoderner und überlebenswichtiger Technik fordern. Klimaschutz statt Patentschutz, für Windenergie oder Solarzellen, zum Energiesparen: Das ist starker Tobak für unsere Industrie. Es wird uns aber wohl nicht viel anderes übrig bleiben. REINER METZGER

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Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

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