Kommentar Kita-Ausbau: Schöner Scheitern mit Schröder
Obwohl noch bis zum Sommer nächsten Jahres Zeit ist, zeichnet sich ab, dass die Pläne zum Kita-Ausbau scheitern. Kristina Schröder ist schuld an dieser Misere.
M an kann den Kita-Ausbau schon jetzt als gescheitert bezeichnen. Obwohl noch bis zum Sommer nächsten Jahres Zeit ist, die benötigten 780.000 Plätze zur Verfügung zu stellen. Kristina Schröder weiß, wie sehr Eltern auf sie setzen, von der Familienministerin hängt maßgeblich ab, wie Mütter und Väter kleiner Kinder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gestalten können.
Das von Schröder vorgelegte Zehnpunkteprogramm, das den Kita-Ausbau beschleunigen soll, wird da allerdings wenig helfen. Es gibt zwar ein wenig Geld und die Idee, mehr ErzieherInnen und Tagesmütter zu gewinnen. Aber das Papier liest sich wie ein hektisch zusammengestückeltes Irgendwas, nur nicht wie ein durchdachter Plan.
Nicht einmal die neu zusammengekratzten Millionen werden reichen, um so viele Plätze zu bauen, wie gebraucht werden. Es ist ja nicht einmal bekannt, wie viel Geld der Kita-Ausbau noch kosten könnte, wenn man ihn tatsächlich ernst nähme.
ist Redakteurin im Inlandsressort der taz und verantwortlich für Genderthemen.
Dabei hätte es durchaus klappen können mit dem ausreichenden Betreuungsangebot. Der August 2013, der Monat, in dem der Kita-Rechtsanspruch eingelöst werden muss, kommt nicht plötzlich. Seit 2007 ist der Termin bekannt, er hätte bei allen Zuständigen rot im Kalender markiert sein müssen.
Hätten seinerzeit alle Seiten – Bund, Länder und Kommunen – intensiv mit dem Ausbau begonnen, wäre das Drama jetzt nicht so groß. Und weil niemand dafür die Verantwortung übernehmen will, schiebt eine Seite der anderen den schwarzen Peter zu.
Kristina Schröder ist keineswegs allein schuld an dieser Misere. Aber sie ist die verantwortliche Ministerin, und nichts offenbart das Kita-Scheitern so deutlich wie ihr Vorschlag, private Tagesmütter und -väter finanziell besserzustellen. Das heißt nichts anderes als: Wir bekommen den Ausbau sonst nicht hin.
In diese Schublade lässt sich auch das Betreuungsgeld packen. Nicht auszudenken, was passierte, wenn all jene berufstätigen Eltern, die ihr Kind nun für 100 oder 150 Euro von der Oma oder von einer Kinderfrau betreuen lassen dürfen, auch noch beim Amt klopften: Sofort her mit dem Krippenplatz, sonst klagen wir!
Betreuungsgeld, zögerlicher Kita-Ausbau, Kristina Schröder – alles Symbole einer Familienpolitik, die sich nicht sonderlich für Familien interessiert. Wie war das noch: Kinder sind die Zukunft und Familien die Säulen der Gesellschaft? Nicht mit dieser Ministerin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland