Kommentar Kindergeld: Schäuble und seine zwei Euro
Die Erhöhung des Kindergeldes soll warten, 2016 soll es dann mehr Geld geben. Die Entscheidung zeigt, wer der Bundesregierung am Herzen liegt.
Z wei Euro pro Kind könnte die Bundesregierung in diesem Jahr sparen. Zwei Euro, um die der monatliche Kindergeldsatz von 184 Euro nicht erhöht wird. Zwei Euro, das sind ja gerade mal zwei Kugeln Eis. Eine gute Idee, sollte man meinen. Ist es aber nicht.
Statt das Kindergeld in diesem Jahr planmäßig um diesen Minibetrag zu erhöhen, heißt es, denke der Bundesfinanzminister darüber nach, bis 2016 auf die Angleichung zu verzichten, um in zwei Jahren eine großzügigere Regelung zu finden. Parallel könnte dann auch der Kinderzuschlag steigen. Er wird an Geringverdiener mit Kindern gezahlt, die sonst Hartz IV beantragen müssten.
Das klingt vernünftig: Lieber in zwei Jahren einen Batzen Geld mehr statt Almosen im Jahrestakt. Blöd nur, dass die Bundesregierung offenbar vorhat, die Kindergelderhöhung zu verschieben – während sie bei der Anhebung des Kinderfreibetrages voll im gesetzlich festgelegten Zeitplan bleibt. Um 72 auf dann 7.080 Euro soll der Freibetrag für Kinder bei der Einkommensteuer erhöht werden.
Wer so entscheidet, dessen Prioritäten liegen ganz offensichtlich bei den Besserverdienenden. Und gerade nicht bei jenen Familien, die den Staat nur kosten, statt Steuern zu zahlen. Wer so entscheidet, nimmt als selbstverständlich hin, dass es arme Kinder gibt in diesem Land. Und dass deren Probleme auch noch zwei Jahre warten können, während die Steuerversprechen gegenüber gut situierten Eltern brav eingehalten werden. Letztere sind es ja – das weiß die schwarz-rote Regierung –, die sie in dreieinhalb Jahren wählen sollen.
Zwei Euro bedeuten wirklich nicht die Welt. Aber die Entscheidung des Bundesfinanzministers, die jetzt in Rede steht, bedeutet mehr. Nämlich eine ungute soziale Kühle in Zeiten der Haushaltsplanung.
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