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Kommentar Kampagne LaufzeitverlängerungDie Schwäche der Atomlobby

Kommentar von Ralph Bollmann

Die Kampagne der Wirtschaftsführer für längere Atomlaufzeiten ist ein Zeichen von Schwäche und entlarvt die politische Blindheit hochbezahlter Manager.

D ie Kampagne, mit der vierzig deutsche Wirtschaftsführer an diesem Wochenende für erheblich längere Atomlaufzeiten eintreten, ist letztlich ein Zeichen von Schwäche. Der Lobbyismus alten Stils funktioniert nicht mehr, jetzt werden die Interessenvertreter umso lauter. Es wird aber wenig helfen. Die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat lassen sich durch Zeitungsannoncen nicht verändern.

Erstaunlich ist die politische Blindheit hoch bezahlter Manager. Dass sie nie wieder so viel Gehör finden würden wie unter Gerhard Schröder, der als Sozialdemokrat der Anerkennung durch die Wirtschaft dringend bedurfte: Das haben sie offenbar erst verstanden, als es vorbei war. Von dem Gerede über den schwarz-gelben Fehlstart haben sie sich den Kopf vernebeln lassen. Dabei stand hinter all der Streiterei die kühle Strategie der Kanzlerin, die politische Mitte nicht aufzugeben.

Dabei hatte es Umweltminister Norbert Röttgen doch fast schon geschafft, eine Laufzeitverlängerung von immerhin bis zu zehn Jahren geradezu als Erfolg der Antiatombewegung aussehen zu lassen. Aber der Branche ist es offenbar lieber, einen Kulturkampf zu führen und den Höhenflug der Grünen bei den anstehenden Landtagswahlen weiter zu fördern. Von Planungssicherheit zu reden und gleichzeitig einen Beschluss über längere Laufzeiten herbeizuführen, der vom Verfassungsgericht dann wieder gekippt wird. Aus Schröders Erfahrungen weiß Merkel ganz genau, wohin sich die Wirtschaftsbosse bei einem solchen Debakel schlagen werden: in die Büsche.

taz

Ralph Bollmann leitet das Parlamentsbüro der taz.

Mit den Demonstrationen gegen Hartz IV hat der Aufstand der Manager gemein, dass es ein Protest der alten Männer ist. Gibt es wirklich keine einzige Frau, die für die weitere Nutzung der Atomkraft eintritt? Gibt es in dieser Riege außer Oliver Bierhoff wirklich niemanden, der habituell noch nicht im Rentenalter ist? Für den Willen zur Veränderung, für technische Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt spricht all das nicht.

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14 Kommentare

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  • S
    Staunen...

    ...werden die chinesischen und indischen Spitzenverdiener, wenn sie in einigen Jahrzehnten auf der Flucht vor ihrer eigenen, von Kraftwerken und Abfallhalden entfruchteten Landschaft eine entspannte Reise ins reinliche, idyllische Europa machen wollen.

    Sie werden sehen, dass hiesige Postkartenperspektiven eben auch schon längst vom nimmersatten Schlangenarm der Industrie zerpresst sind und werden eben weiterreisen auf der Suche nach einem anderen schönen Plätzchen, vielleicht in Neuseeland, Kanada, Sibirien oder am Südpol, an dem sie bereitwillig den Fortbestand einer ganzen Touristikbranche garantieren dürfen - und teure Autos produzieren die Industrieprälaten von morgen dann auch schon längst selbst.

  • H
    Hank

    Die Demonstrationen gegen Hartz IV war der Protest alter Männer? So zynisch heute?

     

    Vielleicht haben die alleinerziehenden Frauen, die von Hartz IV leben, ja keine Zeit zu protestieren?

     

    Vielleicht werden die zornigen jungen Männer aus (z.B.) Berlin-Neukölln mit 1-Euro-Jobs auf Trap gehalten, damit sie nicht auf dumme Gedanken kommen....

  • D
    dietah

    "Mit den Demonstrationen gegen Hartz IV hat der Aufstand der Manager gemein, dass es ein Protest der alten Männer ist."

     

    Sicher, und die meisten Frauen sind so innovativ, fortschrittlich und progressiv open minded wie Ursula von der Leyen und Sarah Palin.

     

    Können wir diese abgespackte Geschlechterscheiße jetzt endlich mal sein lassen. Wir haben nicht mehr 1950, wisst ihr.

  • KK
    Klaus Keller

    ...Mit den Demonstrationen gegen Hartz IV hat der Aufstand der Manager gemein, dass es ein Protest der alten Männer ist.

     

    Was soll das denn?

     

    Vielleicht ist es ein Ergbnis der Altersweisheit wenn ihre Behauptung denn war ist.

     

    Ich hoffe sie werden demnächst das Vergnügen haben von AlgII zu leben vielleicht aufgrund einer Erkrankung nach Krankengeld und 12 Monaten ALGI

     

    PS Die Stromkosten sind mit den H4 Zahlungen abgegolten und werden nicht wie ein Teil der Nebenkosten übernommen.

     

    Die ALGII Empfäger bezahlen für die Fotovoltaikanlage Ihrer Vermieter!

     

     

    für alle die lieber sebst denken

     

    http://www.energiezukunft-fuer-deutschland.info/

     

     

    klaus keller hanau

  • KK
    Klaus Keller

    Bahlsen für Krümmelmonster

     

    könnte man das Fähnlein der letzten 40 betiteln.

     

    das blöde an den erneuerbaren Energien sind halt die Preise, wenn man genug Geld hat kein Problem.

     

    Für Teile der Industrie sind Stromkosten ein wichtiger Faktor neben Personal und Materialkosten.Wem es zu Teuer wird hört auf oder geht.Ob die Großbäckerei die von Schleswig Holstein aus sogar Discounter in Südhessen beliefert nach Dänemark in die Niederlande oder nach Frankreich auswandert kann vielen Wurscht sein den Beschäftigten nicht.

     

    Am unteren Ende der Fahnenstange, wo ich mit einem Einkommen von zZt

  • S
    systemix

    Mit ist schleierhaft, was diesen Kommentator gedanklich umtreibt. Demonstrationen gegen HARTZ IV in einen Topf mit primitivstem Lobbyismus und offenkundiger Machtdemonstration über ein Marionettenregime zu schmeißen - da muss man schon durch neoliberale Journalistenschulen mit blindem Eifer gelaufen sein. Oder ist es die bekannte dümmliche Arroganz eines Kaffeehausjournalismus, wo man sich über das Prekariat lustig macht und andererseits verschweigt, dass zum Monatsbeginn die ARGE das eigene kärgliche Honorar aufstocken hilft? Aber, es ist vielleicht auch ein Generationenproblem der Kinder, die im Wohlstand der späten 70er geboren wurden und als Spassgeneration mit grünem touch sozialisiert wurden.

     

    Jedenfalls verfehlt diese Beurteilung das Thema völlig. Immerhin darf daran erinnert werden, dass neben dem Getöse um verlängerte Laufzeiten ständig weiter Laugenzuflüsse in der Asse II stattfinden und es eine Frage der Zeit ist, bis diese Lösungen beginnen zu migrieren. Der Bevölkerung in dieser Region, das darf ich als langjährig Ansässiger versichern, ist es völlig fäkaläquivalent, ob der Herr Bollmann ein Problem mit alten Männern und dem Herrn Schröder hat, oder ob er Frau Merkels Schlingerkurse lobpreist.

     

    Mit der gleichen Ignoranz haben damals die Betreiber geologische Profile verfälscht und den Rat von uns Geowissenschaftlern abfällig in den Papierkorb befördert. Denn die Tatsache, dass bei der Verlängerung der Laufzeiten auch mehr Atommüll anfällt, der noch nicht sicher entsorgt werden kann, wird geflissentlich im Berliner Treibhausklima übersehen.

  • W
    Wollux

    "Mit den Demonstrationen gegen Hartz IV hat der Aufstand der Manager gemein, dass es ein Protest der alten Männer ist."

     

    Wenn sie damit sagen wollen, dass das so ziemlich die letzten sind, die sich noch erinnern können, wie ordentliche und akzeptable Arbeitsverhältnisse aussehen, dann werden Sie wohl Recht haben !

     

    Das hat sich übrigens so richtig während der Rot-Grünen Regierungszeit geändert, weil Sozialdemokraten und deren Abkömmlinge sich Managern und Bossen zum Beweis ihres Verständnisses für Wirtschaftliche Zusammenhänge ja vorwiegend rektal genähert haben!

  • T
    Thomas

    Der Kommentar hält sich leider mit Oberflächlichkeiten auf. Okay keine Frau hat unterschrieben - da muss natürlich "gendermäßig" was dazu gesagt werden. Die Kritik am Alter der Herren - Altersdiskriminierung, und das bei der taz!

    Ich vermute dem Auto fehlt, wie mir, der technische Sachverstand sich mit dem Problem argumentativ auf inhaltlicher Ebene auseinander zu setzen. Aber dann sollte man sich informieren oder schweigen; anstatt Belangloses zum Besten zu geben.

  • Z
    Zyrus

    Die Initiative der 40 Führungsfiguren ist eine absolut demokratische und akzeptable Geschichte.

     

    Durch die Oppositionsparteien, Medien und reichlich viele Protestbewegungen wird gegen Atomstrom gewettert, informiert doch dagegen selten.

    Unterhalte ich mich mit Atomgegnern, habe ich fast immer das Gefühl, dass diese Leute nur sehr wenig wissen und lediglich gerne in der Anti-Welle mitschwimmen.

    Dagegen Leute die sich aufgrund ihrer Ausbildung mit Technik und Physik auseinandergesetzt haben, sind eher selten gegen Atomkraft

     

    Diese Verteufelung als Schwäche und Gier ist meiner Meinung nach nun wirklich nicht angebracht, eher ist es ein (letzter?) Versuch Leute zum Nachdenken zu bewegen, offen und realistisch zu diskutieren und nicht nur einseitige Medien zu konsumieren.

  • V
    vantast

    Diese Manager haben $$-Zeichen vor den Augen und sind deshalb vor lauter Gier blind. Sie ignorieren geflissendlich, daß der Staat enorme Gelder für sie gezahlt hat und sie quasi von aller Verantwortung, vor allen versicherungen für Katastrophenfälle befreit hat. Selbst um ihren Müll kümmert sich der Staat. Aber selbst das reicht diesen Versagern nicht, sie möchten ihren Kapitalismus so, wie er sein soll: der Staat zahlt und sie kassieren den Profit. Da dies leider nicht nur die Atommafia betrifft, wird der Staat wohl bald ruiniert sein von Leuten, die den Staat verhöhnen.

  • TD
    Tyler Durden

    Es ist 100%ig abzusehen, dass es zu einer Verlänegerung der Laufzeiten kommmen wird und dass es, nicht nur hier, sondern weltweit zu einem gewaltigen Ausbau der Atomenergie kommen wird. "Peak Oil" ist ein Thema das von allen Medien totgeschwiegen wird, weil es zu unangenehm wäre die Wahrheit zu schreiben. Die Energieproduktion wird der Nachfrage sehr bald nicht mehr mithalten können und die deutschen Wähler möchte ich mal sehen, die es sich von einer Regierung gefallen lasssen, dass aus ihren Steckdosen nicht mehr unbegrenzt Energie für ihre Spielzeuge kommt.

    Die Heuchelei der Medien ist erschreckend, passt aber leider zum Niveau der Wähler.

    Die Anzeigen Kampagne wird deshalb von der Industrie kritisiert, weil man versuchen muss sinnvollerweise versuchen muss den Deckel so lange wie möglich auf dem Thema zu halten.

     

    So sieht es aus, der Rest ist Heuchelei!

  • O
    ole

    Wieso ist Oliver Bierhoff "habituell noch nicht im Rentenalter" ?

    Offenbar doch schon.

    Wie weit im Rentenalter und wie weit selbstverliebt und sichtvernebelt muss ein halbstarker "Manager" denn sein, um sich einfach mal vollkommen fachfremd auf so eine durchsichtige Lobbykampagne einzulassen? Bedürftig kann er doch nicht wirklich sein, auch wenn Bierwerbung bei Jugendlichen langsam out ist ...

  • HD
    Hans Dieter Schmidt

    Möchte mal sagen zu allen Problemen, die uns gerade anspringen.

    Der Spruch der Cree aus den 80er Jahren :.....werdet Ihr merken, das man Geld nicht essen kann, kommt der Wirklichkeit immer näher.Immer mehr Arbeit ,immer mehr Produktion, immer mehr, immer mehr. Es kotzt einen an.Der Mensch bleibt auf der Strecke, zumal die "Leistungsträger" für diesen Irrsinn immer weniger werden und immer mehr auf der Strecke bleiben.

    Ein weiteres ist die Datenflut um einem herum, die mittlerweile babylonische Verhältnisse angenommen hat.

    Wacht auf und lehnt Euch auf.

  • W
    Waage

    Schily und Clement: je oller - je doller!