Kommentar Käsemann-Prozess: Viel zu spät
Das Urteil im Käsemann-Prozess kommt zu spät: Weder der Hauptangeklagte noch die Eltern der Ermodeten konnten diesen historischen Moment miterleben.
N atürlich ist es eine gute Nachricht, die aus Buenos Aires kommt: 34 Jahre nach ihrem Tod sind die Mörder von Elisabeth Käsemann in Argentinien endlich verurteilt.
Allerdings: Das Urteil kommt viel zu spät. Weder der Hauptangeklagte noch die Eltern der Ermordeten erleben diesen historischen Moment. Und die Rolle des deutschen Auswärtigen Amtes, das damals eine klare Mitverantwortung für die Ermordung von mehr als 100 Deutschen und Deutschstämmigen in Argentinien trug, ist nicht aufgearbeitet.
Für dieses strafrechtliche Verfahren ist es zu spät - die vorgeworfene Tat - unterlassene Hilfeleistung - ist verjährt. Dennoch muss sich das Amt seiner Vergangenheit endlich stellen, zumal etliche damalige Amtsträger, etwa Außenminister Hans-Dietrich Genscher und seine Staatsministerin Hildegard Hamm-Brücher, noch leben.
BERND PICKERT ist Redakteur im Auslands-Ressort der taz.
Mehr oder weniger offen sah sich die Bundesregierung Ende der 1970er Jahre an der Seite der argentinischen Militärs im Kampf gegen linken Terrorismus. Damit hatten zwar weder Elisabeth Käsemann noch die anderen Ermordeten etwas zu tun. Aber wer in Deutschland Linke als RAF-Sympathisanten geißelte, sah das auch in Argentinien so.
Auch heute steht die Bundesregierung Seite an Seite mit anderen Regierungen im Kampf gegen Terrorismus. Und auch heute ist kein Verlass darauf, dass Bundesbürger von ihrer Regierung vor Übergriffen im Namen der Terrorbekämpfung geschützt werden. Menschenrechte aber gelten immer und überall, ihre Geltung bedarf keiner besonderen Umstände, so wie kein Ziel ihre Verletzung rechtfertigt. Wenn dieser einfache Grundsatz endlich konsequent Einzug in die Politik halten würde, wäre viel erreicht.
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