Kommentar Islamunterricht: Der Traummann kommt nicht

Die Bundesländer wollen für den Islamunterricht einen den christlichen Kirchen vergleichbaren Ansprechpartner, doch den wird es nicht geben.

Das Schulbuch als politisches Statement: In diesen Tagen erscheinen die ersten deutschsprachigen Bücher für den islamischen Religionsunterricht. Die Herausgeber wollen ein Signal setzen: Schluss soll nicht nur mit selbst erstellten Loseblattsammlungen für den Unterricht sein, sondern auch mit der Experimentierphase der Schulversuche. Sie fordern die Einrichtung eines flächendeckenden islamischen Religionsunterrichts. Und richtig - es ist ein integrationspolitischer Skandal, dass es diesen Unterricht noch immer nicht gibt. Wenn christlicher Religionsunterricht an deutschen Schulen unterrichtet wird, muss das gleiche Recht auch für Muslime gelten.

Doch der Staat kann nicht allein Bekenntnisunterricht anbieten: Dafür braucht er, so will es das Grundgesetz, eine Religionsgemeinschaft als Partner. Doch hier gilt wie auch sonst im Leben: Wer auf Partnersuche ist, kann sich entweder ins Getümmel stürzen oder im stillen Kämmerlein auf den Traummann warten. Letzteres tun die Bundesländer: Sie wollen einen den christlichen Kirchen vergleichbaren Ansprechpartner. Den aber werden sie nicht finden, denn die Muslime sind nun einmal gänzlich anders organisiert. Deshalb wäre es für die Bundesländer an der Zeit, pragmatisch mit den real existierenden Muslimen eine Lösung zu finden. Das ist sicher schwierig, wäre aber möglich - wenn die Länder einen islamischen Religionsunterricht wirklich wollten.

Doch auch die Muslime müssen sich bewegen: Die vier großen Verbände, die sich im Koordinierungsrat zusammengetan haben und die so gerne als Religionsgemeinschaft anerkannt würden, kommen bisher auf Länderebene nicht in die Gänge. Zudem sprechen sie nur für einen kleinen, den konservativen, Teil der deutschen Muslime. Der Koordinierungsrat ist als dominierender Anbieter von islamischem Religionsunterricht also gesellschaftspolitisch kaum vorstellbar, von rechtlichen Schwierigkeiten ganz abgesehen. Auch bei den Muslimen sind also neue Bündnisse gefragt. Und auch hier gilt: Das mit dem Traummann sollten sie endlich vergessen.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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