Kommentar Iranische Geheimagenten: Leisetreterei bringt nichts
Die Generalbundesanwaltschaft durchsucht erneut Räume von mutmaßlichen iranischen Spionen. Wegschauen zahlt sich beim Iran nicht aus.

P olitik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Deshalb muss man außenpolitisch auch mit verbrecherischen Regimen kooperieren. Fatal wird es nur, wenn man sich über den Charakter seines Gegenübers täuscht. Der Bundesaußenminister hat darauf gesetzt, dass die iranische Politik durch engere Wirtschaftsbeziehungen und durch den als Reformer geltenden Präsidenten Hassan Rohani weniger aggressiv sein würde – nach außen wie nach innen. Ein Irrtum.
Es wird Zeit, dass unsere Außenpolitik die Aktivitäten des Iran bei der Spionage und beim Rüstungsprogramm zur Kenntnis nimmt und darauf reagiert. Diese Woche hat die Generalbundesanwaltschaft erneut Räume von mutmaßlichen iranischen Spionen durchsucht.
Die Frage ist dabei nicht, ob der Iran in Deutschland potenzielle Anschlagsziele ausspäht, sondern nur welches Ausmaß die Ermittlungen zutage fördern. Das wissen wir seit der Verurteilung des iranischen Spions in der Causa Reinhold Robbe, dem ehemaligen Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Die Spionageermittlungen zeigen: Wegschauen zahlt sich nicht aus, und die deutsche Freundlichkeit wird offenbar nicht erwidert.
Wir wissen, dass der Iran trotz des Atomabkommens laut Verfassungsschutzbehörden gleichbleibende hohe Proliferationsanstrengungen für sein Raketenprogramm unternimmt. Die finanziellen Spielräume, die das Wiener Abkommen dem Iran verschaffte, hatte dieser für seine Hegemoniebestrebungen und die Aufrüstung der Hisbollah genutzt.
Volker Beck, 55, Grünen-Politker, saß von 1994 bis 2017 für seine Partei im Bundestag. Er hatte gegen den berüchtigten Scharfrichter Ayatollah Mahmoud Hashemi Sharoudi, der sich in Hannover einer medizinischen Behandlung unterzog, eine Strafanzeige wegen mehrfachen Mordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gestellt.
Hoffnungen auf Rohani finden in der Realität keine Entsprechung: Die Menschenrechtslage hat sich sogar verschlechtert. Was nützt Rücksichtnahme auf einen Reformer, der sich nur halten kann, solange er auf echte Reformen verzichtet?
Ohne nachgewiesene Verstöße gegen den Atomvertrag kann man das Sanktionsregime nicht wieder in Kraft setzten. Aber wenn der Iran bei uns Attentate plant, muss das Konsequenzen haben. Mit Leisetreterei verschafft man sich bei solchen Regimen weder Respekt noch Einfluss.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens