Kommentar Iran: Atomkrise ohne Grund?
Deutschland trägt eine besondere Veratnwortung, den Konflikt mit dem Iran zu deeskalieren: Angebracht wäre eine Initiative der Regierung Merkel.
D ie US-Geheimdienste geben Entwarnung: Das iranische Atomwaffenprogramm sei vor vier Jahren gestoppt worden. Diese Erkenntnis böte den Regierungen in Washington, London, Paris und Berlin eine große - vielleicht letzte - Chance, ihre fatale Politik gegenüber Teheran zu korrigieren. Sie würden damit die Gefahr einer kriegerischen Eskalation mindern.
Noch ließe sich ein solcher Kurswechsel ohne allzu großen Gesichtsverlust einleiten. Dafür könnte man auch die unsinnige Behauptung übersehen, die jetzt in den vier Hauptstädten verbreitet wird: dass die Einstellung eines iranischen Atomwaffenprogramms im Jahre 2003 ein Erfolg der gemeinsamen Politik gegenüber Teheran in den letzten vier Jahren sei.
Tatsächlich war diese Politik kontraproduktiv. Denn seit sich Frankreich, Großbritannien und Deutschland Anfang 2005 auf die Forderung einigten, Teheran solle vollständig und endgültig auf die Urananreicherung verzichten, hat dies lediglich die Hardliner um Irans Präsident Ahmadinedschad sowie die Fraktion der Atomwaffenbefürworter in Teheran gestärkt.
Die Forderung nach einem Verzicht auf eine Urananreicherung kam seinerzeit vom damaligen Bundesaußenminister Joschka Fischer, der sie gegenüber den EU-Partnern durchsetzte. Deshalb trägt Deutschland heute eine besondere Verantwortung, den Konflikt wieder zu deeskalieren. Angebracht wäre jetzt eine Initiative der Regierung Merkel, die bereits verhängten UNO-Sanktionen gegen Iran aufzuheben sowie Washington zu Verhandlungen mit Teheran über die Normalisierung der bilateralen Beziehungen auf allen Ebenen zu bewegen.
Doch danach sieht es nicht aus. Die Regierungen in Berlin, Paris, London und Washington scheinen weiter fest entschlossen, den Konfrontationskurs gegen Iran fortzusetzen und die Sanktionen zu verschärfen. Darauf deuten zumindest die ersten Reaktionen auf den neuen Bericht hin. Damit könnte die Bush-Administration den Konflikt um das iranische Atomprogramm weiter treiben. Dabei geht es ihr in Wirklichkeit um ein anderes Ziel: um einen Regimewechsel in Teheran, notfalls mit militärischen Mitteln.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!