Kommentar Irak: Frieden für Öl
Politische Versöhnungsbemühungen der UNO im Irak haben keine Chance, solange die Besetzung des Landes durch britische und US-Truppen anhält. Beim Öl darf die UNO schon gleich garnicht mitreden.
J etzt soll die UNO wieder ran und für politische Versöhnung, Wiederaufbau und Stabilität im Irak sorgen. Entsprechende Absichtserklärungen haben die USA und Großbritannien am Wochenende bei einer Irak-Konferenz durchgesetzt. Dabei wurde der UNO in ihrer über 60-jährigen Geschichte nie so geschadet wie durch den anglo-amerikanischen Irakkrieg vom Frühjahr 2003.
Washington und London führten diesen völkerrechtswidrigen Krieg gegen den erklärten Willen großer Mehrheiten sowohl im Sicherheitsrat wie in der Vollversammlung. All die Warnungen vor den katastrophalen Folgen eines Krieges, die seinerzeit in diesen beiden wichtigsten UN-Gremien vorgebracht wurden, haben sich nicht nur bestätigt, sondern werden von den grausamen Realitäten im Irak sogar noch weit übertroffen. Wenn Iraks Premierminister Nuri al-Maliki einer künftig verstärkten UN-Mission jetzt "Sicherheit garantiert", klingt dies wie ein schlechter Witz. Der Regierungschef konnte bislang nicht ein- mal die Sicherheit seiner eigenen Minister garantieren.
Nun könnte man ja vielleicht bereit sein, diese ganze Vorgeschichte ad acta zu legen - wenn denn eine verstärkte Rolle der UNO im Irak Aussicht böte auf eine Verbesserung der Lage. Eben dies ist aber unter den vorherrschenden Rahmenbedingungen nicht zu erwarten. Solange die Besatzung des Landes durch US-amerikanische und britische Truppen anhält, haben politische Versöhnungsbemühungen der UN keine Chance. Es kommt hinzu: Um eigene Interessen weiterhin ungestört durchsetzen zu können, haben die USA und Großbritannien festgelegt, dass sich die UN aus einem der zentralen innenpolitischen Streits heraushalten: der Verfügung über die Ölreserven Iraks und der Beteiligung ausländischer Konzerne an diesen Reserven.
Hinter den Bemühungen der USA und Großbritanniens um eine stärkere Rolle der UNO im Irak steckt in erster Linie das Kalkül, die eigene Verantwortung für das dort geschaffene Desaster künftig auf die Weltorganisation abschieben zu können. Bleibt zu hoffen, dass dieses Kalkül scheitert - und sei es auch nur an den Sicherheitsbedenken der UNO-Personalvertretung.
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