Kommentar Hilfe für Suizidgefährdete: Der falsche Posten fürs Sparen
Das Hamburger Universitätsklinikum will sein Zentrum für Suizidgefährdete in die allgemeine psychiatrische Abteilung eingliedern. Das ist allenfalls betriebswirtschaftlich richtig gedacht - nicht aber nicht von den PatientInnen her.
D as Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) will sein Zentrum für Suizidgefährdete in die allgemeine psychiatrische Abteilung eingliedern. Das mag betriebswirtschaftlich richtig gedacht sein - aber nicht von der Zielgruppe her: den PatientInnen.
Jeder kennt den unheilvollen Klang der psychiatrischen Einrichtungen aus seiner Kindheit: "Dann kommste nach Ochsenzoll"; "den hamse nach Schleswig gebracht" - das sind Chiffren für Orte, an die keiner will. Dazu kommt die Vorstellung von Zwangsjacken, von Patienten, die ruhig gestellt statt therapiert werden und die Angst, dass man aus der Psychiatrie so leicht nicht wieder rauskommt.
Zugegeben, das sind die Vorurteile einer Generation, die den psychiatriekritischen Film "Einer flog übers Kuckucksnest" gesehen hat. Doch mit solchen Vorstellungen ist zu rechnen, wenn es darum geht, Menschen in Beratungsgespräche zu lotsen, die sich mit dem Gedanken des Suizids tragen. Dazu kommt, dass das Zentrum für Suizidgefährdete mit anderen Methoden arbeitet als viele Psychiater. Methoden, die von reinen Schulmedizinern oft belächelt werden, die aber schon vielen Menschen geholfen haben.
Das Zentrum zu schließen, würde daher bedeuten, an der falschen Stelle zu sparen. Das gilt zumindest solange, bis die Psychiatrie ihren schlechten Ruf losgeworden ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“