Kommentar Hells Angels: Zivilcourage ist gefragt
Wenn die Behörden den Hells Angels nicht das Handwerk legen, muss Druck aus der Zivilgesellschaft kommen.
M an weiß gar nicht, worüber man mehr staunen soll: Darüber, dass eine kleine Kommune wie Walsrode sich - wenn auch zaghaft - mit den Hells Angels anlegt, oder darüber, dass die Rocker auf dem platten Land überhaupt eine solche Machtposition erreicht haben.
Die Hells Angels sind heutzutage eine Art Firmen-Konsortium. Sie engagieren sich in Branchen, von denen seriöse Unternehmer lieber die Finger lassen: Menschenhandel, Prostitution, Schutzgeld, "Sicherheit". Aus den testosteronstrotzenden Outlaws von einst sind wohlsituierte Geschäftsmänner geworden, die wie Mafia-Paten mit Wohltaten um sich schmeißen. Ihren Furcht einflößenden Rocker-Habitus pflegen sie als eine Art Selbstzitat, mit dem sich immer noch mehr oder weniger subtil signalisieren lässt: Leg dich nicht mit uns an.
In Niedersachsen haben die Behörden sich daran viel zu lange gehalten. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Männer von Frank Hanebuth ganze Stadtviertel von Hannover kontrollieren - und der "President" selbst verkehrt in den höchsten Kreisen.
Deshalb ist es dringend nötig, dass sich die Zivilgesellschaft gegen die bislang sakrosankten Engel wehrt, wie es die Grünen in Walsrode mutig tun. Erst wenn niemand mehr die Almosen aus den schmutzigen Geschäften nimmt, geraten die Behörden unter Druck, den Geschäftemachern das Handwerk zu legen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Innereuropäische Datenverbindung
Sabotageverdacht bei Kabelbruch in der Ostsee