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Kommentar Guido WesterwelleEin langer Abschied

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Die Versicherungen der FDP-Führung, dass sie an Westerwelle festhält, klingen fast wie Nachrufe. Denn er kann nicht bleiben, weil er aus Fehlern nicht lernt.

K eine andere Partei war in ihrer Geschichte ideologisch so dehnbar wie die FDP. Keine ist so willig umgeschwenkt, wenn es dem Machterhalt diente. Gerade vor diesem Hintergrund erscheint Guido Westerwelle als tragikomische Figur: Der Exchef der FDP stürzt, weil es ihm an jener Geschmeidigkeit und Anpassungsfähigkeit fehlt.

Westerwelle macht in der Libyenpolitik genau den gleichen Fehler wie in der Steuerpolitik 2010. Er hat sich blindlings und halsstarrig in einer unhaltbar gewordenen Stellung verbarrikadiert. Im letzten Frühjahr war auch der FDP-Klientel längst klar, dass Steuergeschenke angesichts der massiven Staatsverschuldung einfach unbezahlbar sind. Doch der Parteichef forderte unverdrossen und folgenlos weiter Steuersenkungen - bis er damit am Ende ganz alleine war.

In der Libyenpolitik erkennt man das exakt gleiche Muster. In Tripolis ziehen die Rebellen ein, und der Außenminister lobt sich weiter für die Enthaltung Deutschlands im UN-Sicherheitsrat und die effektiven Sanktionen, die dem Gaddafi-Regime das Rückgrat brachen.

Bild: taz
STEFAN REINECKE

ist Parlamentskorrespondent der taz.

Zwar gibt es keinen Grund, in den Chor der Selbstgerechten einzustimmen, die den Sieg der Nato als große Heldentat feiern. Dieser Sieg hat einen Preis. Niemand weiß, ob Libyen nicht in Chaos und entgrenzter Gewalt versinken wird. Die Nato hat massiv das Mandat des UN-Sicherheitsrats überzogen. Sie durfte eine Flugverbotszone errichten, faktisch hat sie das Gaddafi-Regime weggebombt. Wer soll der UNO noch vertrauen, wenn der Westen am Ende sowieso tut, was ihm als opportun erscheint?

Davon redet Westerwelle allerdings nicht - er verteidigt vielmehr seine weitsichtige Neutralitätspolitik. Es ist schwer zu sagen, was peinlicher für ihn ist: das Beharren, doch immer recht gehabt zu haben, oder sein erzwungener, halber Schwenk Richtung Nato-Lob.

Als Minister hat Westerwelle ein diffuses Bild abgeben. Es war nicht zu erkennen, wofür er steht. Nun wird Westerwelles Abgang durch die einzige Idee beschleunigt, die er als Außenminister hatte: die Skepsis gegenüber dem Nato-Einsatz. Das hat einen Hauch von Tragik.

Die Versicherungen der FDP-Führung, dass der liberale Star von gestern noch bleiben darf, klingen fast wie Nachrufe. Westerwelles Sturz dauert schon lange. Es ist ein Abgang in Zeitlupe. Aber er ist unaufhaltsam. Denn Westerwelle ist unfähig, aus Fehlern zu lernen.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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2 Kommentare

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  • I
    iBot

    Politik(-journalismus) ist auch kein Sport. Und Westerwelle hat sich schon lange selbst auseinandergenommen, dazu braucht es keine Medien mehr.

  • T
    TheOrbitter

    Typisch deutsche Medienmeute: erst ein Opfer waidwund schießen und dann langsam auseinandernehmen. Und während es im eigenen Saft vor sich hin siecht läßt man schonmal die potentiellen Erben vor der Nase herumbaumeln. Pfui, das ist unsportlich!