Kommentar Gorleben: Geschacher um Atommüll
Angela Merkel ist nicht bereit zu Eingeständnis und Aufarbeitung früherer Fehler bezüglich Gorleben. Somit ist Skepsis gegenüber dem neuen Suchprozess verständlich.
S ie liegen lange zurück, die Ereignisse, die der Gorleben-Untersuchungsausschuss in mühsamer Detailarbeit und ausführlichen Vernehmungen aufklären wollte – mit der Befragung von Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag als Abschluss und Höhepunkt. Wie wurde der umstrittene Standort in den 70er Jahren ausgewählt und warum wurde trotz diverser Probleme in den 80ern und 90ern allein an ihm festgehalten? Nicht alle Fragen konnten in den mehr als 90 Sitzungstagen geklärt werden, und nicht alle Details erscheinen heute noch wirklich relevant. Und doch gibt es eine wichtige Erkenntnis, die aus der Arbeit gezogen werden kann.
Denn durch die Ausschusstätigkeit sind erstmals in großem Umfang bisher vertrauliche Regierungsakten öffentlich geworden. Sie belegen, in welch massivem Ausmaß die Bundesregierung mit den Atomkraftbetreibern zusammengearbeitet hat. Da wurden gemeinsam Prioritäten und Strategien festgelegt und sogar zusammen geplant, wie bestimmte Entscheidungen in der Öffentlichkeit „verkauft“ werden sollten.
Das alles ist kein gutes Omen für die heutigen Gespräche. Zwar erkennen auch Union und FDP mittlerweile an, dass mehr als ein Standort erkundet werden sollte, wenn man den bestmöglichen finden will. Aber die Anti-Atom-Bewegung sorgt sich zu Recht, dass unter der Überschrift einer ergebnisoffenen Erkundung in Wahrheit nur ein Gesetz vorbereitet werden soll, das am Ende Gorleben zum Endlager macht. Gestärkt wird diese Sorge dadurch, dass mit Gerald Hennenhöfer eine der Schlüsselfiguren der früheren, konzernfreundlichen Atompolitik bis heute als Abteilungsleiter im Umweltministerium am neuen Gorleben-Gesetz mitarbeitet.
ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz.
Zu einem echten Neubeginn würden Eingeständnis und Aufarbeitung früherer Fehler und ein Austausch des daran beteiligten Personals gehören. Solange die Regierung dazu nicht bereit ist, ist jede Skepsis gegenüber dem neuen Suchprozess verständlich.
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