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Kommentar Goethe-Institut in UsbekistanDie Trophäe der Diktatorentochter

Marcus Bensmann
Kommentar von Marcus Bensmann

Die Aktivitäten von Organisationen im Ausland sollten nicht Diktaturen dienen. Doch in Usbekistan verleiht das Goethe-Institut der Diktatorentochter Karimowa Seriösität.

H ütet euch vor Despoten - gerade auch vor deren Söhnen und Töchtern! Das wenigstens, denkt man, hätten die westlichen Demokratien aus dem Arabischen Frühling gelernt. Bei der Filiale des Goethe-Instituts in Usbekistan ist das leider nicht der Fall.

Das Goethe-Institut zeigt gerade zusammen mit der Kulturstiftung der Diktatorentochter Gulnara Karimowa eine Otto-Dix-Ausstellung. Deswegen führt die gleichzeitig stattfindende Modewoche das deutsche Kulturinstitut als Partner. Hier soll nicht dem Kulturboykott das Wort geredet werden. Gerade in Diktaturen müssen ausländische Organisationen behutsam vorgehen und können so manchmal Spannendes bewirken. Das verdient Sympathie und Unterstützung.

Aber eine rote Linie gibt es: Die Aktivitäten dürfen niemals hauptsächlich dem Einfluss und Ruhm der jeweils herrschenden Elite dienen. Aber genau das geschieht in Usbekistan. Es geht ausschließlich um die Selbstinszenierung von Gulnara Karimowa als Charitylady, Designerin und Mäzenin - und das in einem Land, in dem zur selben Zeit Millionen Kinder zur Zwangsarbeit auf den Baumwollfeldern genötigt werden.

Bild: privat
MARCUS BENSMANN

ist Autor der taz in Zentralasien.

Wie eine Jägerin sammelt Karimowa seit Jahren Stars und internationale Organisationen, die ihrem Tun Seriosität verleihen sollen. Karimowa nimmt es bei dieser Namenssafari häufig auch nicht so genau mit den Fakten. So wurde das UN-Kinderhilfswerk unwahrheitsgemäß als Partner genannt; und weiter behauptete man, Karimowa wäre Teil der Mercedes Benz Fashion Week 2011 in New York gewesen, obwohl die Daimler AG sich distanzierte.

Otto-Dix-Ausstellung

In der usbekischen Hauptstadt Taschkent eröffnet das Goethe-Institut eine Otto Dix Ausstellung im Rahmen der 6. Biennale und style.uz/artweek. "Gerade einen so renommierten wie kritischen Künstler wie Otto Dix hierher zu bringen, halten wir sehr wichtig", so der Leiter des dortigen GI Johannes Dahl. Die usbekische Stiftung wird von der Präsidententochter Gulnara Karimowa dominiert. Die alljährliche Mode-und Kulturwoche im Oktober ist deren zentrale Veranstaltung.

Beim Goethe-Institut allerdings musste Gulnara Karimowa nicht lügen. Sie kann das grüne Logo genüsslich vor sich her tragen. Liebes Goethe-Institut, zeigt Otto Dix in Usbekistan - aber nicht um diesen Preis!

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Marcus Bensmann
Auslandskorrespondent Zentralasien
„Das liegt doch irgendwo in Russland“ oder „Samarkand?  Seidenstrasse?“ sind zwei häufige Antworten, wenn ich in Deutschland von meiner Arbeit in Zentralasien erzähle. Die Region zwischen dem Kaspischen Meer und chinesischer Grenze tut sich auch 20 Jahre nach der Unabhängigkeit schwer, einen Platz in der Wahrnehmung der deutschen Öffentlichkeit zu erobern.Mich aber faszinieren Turkmenistan, Usbekistan, Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan seit vielen Jahren, obwohl in den Redaktionen das ungeschriebene Gesetz gilt,dass Veröffentlichungschancen sinken, je mehr Stans in einem Satz vorkommen. Ich berichte aus dem Hinterland des Natokrieges in Afghanistan über Aufstände, Revolutionen,Wasserkriege und wie deutsche Politiker mit dem usbekischen DespotenIslam Karimow kungeln, um sich die Bundeswehrbasis in dessen düsteren Reich an der afghanischen Grenze zu sichern.Ich nehme die Ereignisse selbst in Augenschein und berichte in Zentralasien oft als einer der ersten, manchmal sogar als einziger, vom Ort des Geschehens. Sei es bei den zwei Machtumstürzen (2005 und 2010), und dem ethnischen Konflikt in Kirgistan (2010), dem Massaker in der usbekischen Provinzstadt Andischan (2005), den Ölarbeiterstreiks in der westkasachischen Steppenstadt Schanaozen und dessen blutigem Ende (2011), und den Gefechten in der tadschikischen Pamirprovinz Badachschan (2012). Ich, Jahrgang 1969, arbeite seit 1994 aus Zentralasien für Schweizer und deutsche Medien. Seit 2006 bin ich zudem dort als taz-Korrespondent tätig. Ich halte Vorträge zu Zentralasien und beteilige mich an Podiumsdiskussionen. Deutschland:+491795057442 Kirgistan:+996777565575
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1 Kommentar

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  • A
    anke

    Nun, ich nehme an, wir brauchen gar nicht bis Usbekistan zu gehen, Herr Bensmann. Wir können gut auch vor der eigenen Haustür Staub aufwirbeln. Hellmut Th. Seemann beispielsweise ist zwar kein Sohn eines ausländischen Diktators, sondern allenfalls Spross eines unbekannten deutschen Despoten, das hindert ihn aber offensichtlich nicht daran, alle seine Entscheidungen davon abhängig zu machen, ob sie ihn persönlich im rechten Licht erscheinen lassen. Zwar hat "man im Oktober 2010 beschlossen, seinen 2011 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern" (Zitat: Wikipedia), im April 2011 wurde er "nach einer langwierigen Personaldebatte und gegen den vorherigen Willen des Kultusministers" dann doch für vier weitere Jahre zum Präsidenten der Klassik Stiftung Weimar gewählt. In dem Moment habe auch ich mir gedacht: Liebe Klassik Stiftung, pflege und präsentiere unsere Klassiker der Nachwelt - aber nicht um diesen Preis! Geholfen hat es freilich nichts. Wie soll es auch? Ich meine: Er ist doch nicht allein, der Seemann Hellmut.