Kommentar Gleichbehandlungsgesetz: Emanzipation trotz Handicap
Trotz der desaströsten Leiterin der Gleichstellungsstelle hat das AGG das öffentlichte Bewusstsein positiv verändert, mehr war auch nicht zu erwarten.
D as Allgemeine Gleichstellungsgesetz ist ein Erfolg. Niemand stellt heute mehr infrage, dass es ein Unrecht ist, wenn Vermieter, Arbeitgeber oder Versicherungsgesellschaften offen und willkürlich nach Geschlecht, Religion oder sexueller Orientierung diskriminieren. Das Gesetz hat das öffentliche Bewusstsein eben positiv verändert; mehr war nicht zu erwarten.
Christian Rath ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Martina Köppen, die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle der Bundesregierung, hat allerdings wenig zu dieser positiven Bilanz beigetragen. Sie steht dem Gesetz skeptisch gegenüber und setzt auf Dialoge mit der Wirtschaft, statt sich als Stimme der Betroffenen zu positionieren. Sie gibt Unmengen an Geld für Medienberatung aus, und doch wird ihre Behörde von niemandem mehr ernst genommen. Ihre Leiterin hat sie ins mediale Aus befördert.
Aber so ist das in der Demokratie: Zwar hatte die CDU mit absurden Unterstellungen - Klageflut, milliardenteure Bürokratie - gegen das Gleichstellungsgesetz gekämpft. Aber nachdem sie die Wahl gewonnen hatte, stellte sie mit Ursula von der Leyen die Familienministerin - und die wiederum berief Köppen. Aus ihrer Sicht dürfte Köppen, die an der Bundeswehr-Hochschule promovierte und dann für die katholische Kirche arbeitete, keine Fehlbesetzung sein.
Vorwürfe muss man eher der SPD machen, die ja auch in der Regierung sitzt. Die Antidiskriminierungsstelle war ihr offensichtlich nicht wichtig. Ansonsten hätte sie durchgesetzt, dass sie in einem SPD-Ressort, wie dem Sozialministerium, angesiedelt wird. Die SPD sieht sich offenbar nicht mehr als Stimme der Schwachen, sondern irgendwo in der Mitte, wo man nicht anecken will. Dazu passt es auch, dass mit Maria Böhmer auch die Position der Integrationsbeauftragten mit einer leidenschaftslosen Konservativen besetzt wurde. Einziger Trost: Wenn Schwarz-Gelb kommt, kann es kaum schlimmer werden.
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