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Kommentar Gerechter LehrerlohnBoni fürs Engagement

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Eine leistungsbezogene Entlohnung der Lehrer und Lehrerinnen ist längst überfällig. Auch für den Einsatz an besonders problematischen Schulen müsste es einen Extra-Bonus geben.

K ommt Zeit, kommt Rat, kommt Studienrat - nach diesem Prinzip dienen sich deutsche Lehrer heute noch bis zur Pensionierung hoch. Die Schulen bekommen zwar eine Reform nach der anderen verordnet. Doch ausgerechnet vor der Besoldung macht der Reformeifer der Bildungspolitiker halt.

Die Lehrerlobby - egal ob konservativ oder linksliberal - verteidigt ihre Pfründen gegen eine leistungsgerechte Bezahlung: Sie vermutet - mit gutem Grund - Abschläge. Dabei könnte eine Bezahlung, die gute Leistungen belohnt, endlich Schluss machen mit dem Unsinn, dass Lehrer umso besser bezahlt werden, je älter sie - und ihre Schüler - sind.

Eine Grundschullehrerin verdient heute, genau wie ihr Kollege an der Hauptschule, deutlich weniger als der Studienrat am Gymnasium - egal, unter welchen Bedingungen sie arbeitet. Auch ihre Aufstiegschancen sind begrenzt. Deshalb schlagen ambitionierte Lehramtsstudenten am liebsten eine gymnasiale Laufbahn ein und meiden die vermeintlich niederen Schulformen. Die Folge: Wer heute an Hauptschulen oder in sozialen Brennpunkten unterrichtet, ist entweder sehr idealistisch - oder er wurde vermutlich strafversetzt.

Mit einer egalitären Bezahlung und besonderen Boni für Engagement und eine schwierige Schülerschaft ließe sich verwirklichen, was Bildungsexperten schon lange fordern: Die besten Lehrer sollen an den problematischen Schulen unterrichten.

Das allein macht aus schwierigen Schülern zwar noch keine Überflieger. Ein Land wie Finnland hat nicht allein deswegen in Pisa-Studien Erfolg, weil es die Lehrer leistungsabhängig bezahlt. Sondern, weil die Lehrer dort ihre Schüler besser fördern und auf deren Stärken setzen. Dagegen werden Schüler im deutschen Schulsystem noch immer an ihren Schwächen gemessen und gemäß diesen in Haupt- und Realschulen sortiert.

Auch für den engagiertesten Lehrer ist es demotivierend, wenn die Hälfte seiner Hauptschulklasse gleich nach dem erfolgreichen Abschluss mangels Lehrstelle zum Jobcenter muss. Damit sich Leistung lohnt - für Lehrer wie für Schüler -, muss sich deshalb nicht nur die Bezahlung ändern. Sondern auch das System.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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5 Kommentare

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  • AL
    Anna Lesin

    Lehrer sollen also nach Leistung bezahlt werden.

    Ich möchte mal gerne wissen, wie Schule so besser werden kann. Lediglich das Streben nach einer höheren Bezahlung wäre demnach die Motivation, ein "guter Lehrer" zu sein. Und die Bewertung seitens der Schüler soll auch eine Rolle spielen.

    Waren es einst humanistische Ideale, die bei der Berufswahl entscheidend waren, würde es nun vornehmlich um die Angst gehen, sein Überleben zu sichern. Hätten dann die Schulen ihre Superstars und die anderen, die sich womöglich schämen müssten, weil sie dem Massengeschmack nicht huldigten? Die Vorschriften sind heutzutage schon so, dass man sich z.B. regelmäßig fortbilden muss; es gibt eine regelmäßige Überprüfung und und

  • HZ
    Heiner Zok

    Sehr geehrte Frau Lehmann,

     

    Ihre Recherchen waren schlecht und ihre Meinung ist daher nicht fundiert.

     

    Los geht's mit einem falschen Zitat. Früher sagte man: "Kommt Zeit, kommt Rat, kommt noch mehr Zeit, kommt Oberrat." Karikiert wurde damit die Regelung, dass im Öffentlichen Dienst nach einer gewissen Zahl von Dienstjahren eine automatische Beförderung erfolgte, eben vom Rat (egal, ob Studien-, Regierungs-, Post-, Kriminal- etc.)zum Oberrat, verbunden mit der Steigerung der Gehaltsgruppe von A 13 auf A 14. Seit Jahrzehnten gibt es dies nicht mehr, die Beförderung erfolgt ausschließlich auf Funktionsstellen, die mit mehr Aufgaben verbunden sind und die begrenzt zur Verfügung stehen.

     

    Dass Lehrer "umso besser bezahlt werden, je älter sie - und ihre Schüler - sind", stimmt so nicht. Zwar gibt es (übrigens erneut: im gesamten Öffentlichen Dienst) die Dienstalterszuschläge, die sind jedoch unabhängig von dem Alter der Schüler. Konkret: Eine Lehrkraft, die in der Sekundarstufe I (z. B. Realschule, Gymnasium, Gesamtschule)unterrichtet, erhält bei Verbeamtung A 13, an der Sekundarstufe II, bei älteren Schülern also, erhält sie auch A 13.

     

    Angestellte im Öffentlichen Dienst erhalten übrigens auch nach Lebensalter gestaffelte Zuschläge. Ihre Seitenhiebe gegen die verbeamteten Lehrkräfte sind also völlig unbegründet.

     

    Wenn Sie von Verteidigung von Pfründen reden, sollten Sie bedenken, dass in den letzten Jahren gravierende Einkommenssenkungen vorgenommen wurden:

    - Die Erhöhung der Dienstaltersstufen wurde gestreckt

    - Das Weihnachtsgeld wurde komplett gestrichen

    - Das Urlaubsgeld wurde komplett gestrichen

    - Die steuerliche Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszimmers wurde zunächst reduziert, dann ganz gestrichen

    - Die Erstattung von Krankheitskosten wurde gravierend gekürzt etc.

     

    Diese Maßnahmen machen in einem Lehrerhaushalt eine Einkommenssenkung von mehreren Tausend € pro Jahr aus. Wahrlich keine Pfründe!

     

    Zuzustimmen ist Ihnen, wenn Sie das gesamte System als ungerecht bezeichnen, etwa die niedrigere Bezahlung von Grund- und Hauptschullehrkräften. Hier kommen noch die längere Unterrichtszeit, kaum Aufstiegsschancen, schwierige pädagogische Verhältnisse etc. hinzu.

     

    Kritisieren Sie nicht die berechtigte Verteidigung des Gehalts der Lehrkräfte. Es ist im Vergleich zu ähnlich qualifizierten Akademikern wahrlich nicht hoch - bei ungleich höherer Arbeitsbelastung, an die wohl kein taz-Redakteur herankommt. Kritisieren Sie stattdessen das anachronistische Beamtenunwesen, die staatlich verordnete Verödung des Bildungssystems, das Elend der Pädagogik und die vielen vergeudeten Potentiale in der Schülerschaft!

     

    Letztere hat sich heute übrigens eindrucksvoll zu Wort gemeldet. Eine der mir aufgefallenen Forderungen: Mehr Geld für Lehrkräfte! Eine glatte 1 + !

     

    H. Zok (Lehrer)

  • H
    hto

    Finnland mit seinen "läppischen" 5,3 Millionen Einwohner, wird doch aus der Portokasse der EU bezahlt, um als Sieger und Vorzeige- / Ablenkungsmodell zu dienen - und wenn die dann arbeiten, dann in D., F., E., S. usw., und sind aus der Statistik "Gottseidank" verschwunden!?

  • M
    Mephane

    Dieser Kommentar verwirrt mich jetzt doch etwas. Sind Teile der taz-Redaktion jetzt auch schon der INSM-Propaganda auf den Leim gegangen? Es mag viele Missstände an deutschen Schulen geben, aber mit den Vorschlägen der INSM wird man sie bestenfalls nur verschieben, schlimmstenfalls verschärfen.

     

    Das einzige was die INSM richtig erkannt hat, ist, dass sich irgendetwas ändern muss. Der Rest ist nur ein erneutes Durchkauen derselben neoliberalen Dogmen wie immer.

  • H
    hto

    Wenn man es in der Logik des "freiheitlichen" Systems betrachtet, dann ist Gerechtigkeit zuerst für die Lehrer bestimmt, denn sie sind es, die gewährleisten, dass die "Bewußtseinsentwicklung" von Anfang an mit Suppenkaspermentalität zur Suppenkaspermentalität gebildet wird - das die stets gleichbleibende Hierarchie in materialistischer "Absicherung" jetzt in den Medien so gewissensbelastend und ... dargestellt wird, und das dies nun den Lehrern in die Schuhe geschoben wird, bzw. nun das "Engagement" / die "Motivation" ..., tja das liegt eben an der damit verbundenen zeitgeistlichen Dummheit im Tanz um den heißen Brei!?