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Kommentar Geburtenrate 2008Kein Honig für von der Leyen

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

Die Geburtenrate ist um 0,01 Prozentpunkte gestiegen: Kein Wahlkampf mit Familienpolitik. Die Interpretation der Geburtenstatistiken steht ohnehin auf tönernen Füßen.

H auchzart ist der Anstieg der Geburtenzahl pro Frau, den das Statistische Bundesamt am Freitag vermelden konnte: Um 0,01 Prozentpünktchen auf 1,38 Kinder im Jahr 2008. Der Zuwachs ist allein den ostdeutschen Frauen zu verdanken: Sie haben nach der Wende zunächst kaum noch Kinder bekommen, sich dann aber dem Verhalten der westdeutschen Frauen angepasst. Sie kriegen ihre Babys nun ebenfalls später als früher - und ein ganz klein bisschen mehr davon als die Westfrauen.

Für Familienministerin Ursula von der Leyen dürfte sich damit die letzte Hoffnung zerschlagen haben, im Wahlkampf noch Honig aus dem Elterngeld zu ziehen. Das Eltergeld, bei dem der Staat für ein Jahr zwei Drittel des letzten Lohns bezahlt, wurde 2007 eingeführt und sollte insbesondere Akademikerinnen zum Kinderkriegen ermuntern. Diese Zielgruppe aber gibt es im Osten kaum, aus dem die gut ausgebildeten Frauen eher wegziehen, als dort Familien zu gründen.

Ein großer Teil der gebärfähigen Frauen in Ostdeutschland hatte vom Elterngeld sogar zunächst Nachteile zu erwarten. Denn es schichtete die Förderung von unten nach oben um: Das frühere Erziehungsgeld entsprach zwar dem heutigen Mindestsatz des Elterngeldes von 300 Euro, floss aber doppelt so lange.

Bild: privat

Ulrike Winkelmann ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.

Doch taugt der geringe Anstieg sowieso nicht für Schlagzeilen. Die Demografiedebatte der vergangenen Jahre hat gezeigt, welche Fallstricke bei jeder Interpretation der Statistiken lauern. Noch im April hieß es, die Zahl der Geburten sei sogar gesunken. Dies hatte jedoch mit der Zahl der potenziellen Mütter und nicht mit deren Gebärfreude zu tun.

Die Tabellen des Statistischen Bundesamts lassen derzeit vor allem einen Schluss zu: Ostfrauen reagieren stärker auf Veränderungen der allgemeinen wirtschaftlichen Lage. Die hatte sich bis 2008 gebessert. Umso interessanter dürften die Zahlen der kommenden Jahre werden.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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