piwik no script img

Kommentar GebäudesanierungDie gedämmte Republik

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Eine Koalition, die sich als pragmatisch sieht und die Politik für Übermorgen machen will, bleibt beim Energiekonzept im Gestrüpp von Lobbys und Reformangst stecken.

B ei der energetischen Sanierung von Gebäuden geht es darum, Geld zu sparen, Jobs zu schaffen und gleichzeitig das Klima zu entlasten. Das heißt heute Win-win-win-Option: die Green Economy, die Wachstum, Arbeit und Umweltschutz vereint. Es geht um Pragmatismus, nicht um Ideologie.

Könnte man jedenfalls denken. Aber der Sturmlauf von Grundbesitzern, Vermietern, Bauministerium und manchen schwarz-gelben Koalitionären gegen die Vorschriften zur Gebäudesanierung zeigt, wie schwer es ist, überhaupt etwas zu bewegen. Eine Koalition, die sich als pragmatisch und wirtschaftsnah versteht, die den Mittelstand fördern und Politik für Übermorgen machen will, bleibt bei der zentralen Idee des Energiekonzeptes im Gestrüpp von Lobbys und Reformangst stecken.

Das ist eine schlechte Nachricht für die Umwelt, aber vor allem für das Maß an Bereitschaft, neue Probleme mit neuem Denken zu lösen. Wenn es nicht mal da klappt, wo alle profitieren - wie sollen dann Weichenstellungen vorgenommen werden, die einzelne Interessen nicht bedienen, sondern vielleicht sogar Verzicht bedeuten? Solche Entscheidungen vorzubereiten und auch durchzusetzen - genau das wäre die Aufgabe einer Politik, die sich gern als zukunftsorientiert darstellt.

Der Autor

Bernhard Pötter ist umweltpolitischer Autor der taz.

Zugegeben: Es ist nicht sehr innovativ, auf ein klärendes Wort der Kanzlerin zu hoffen. Aber wenn sich etwas mit gutem Recht als Politik mit Verantwortung und für die Zukunft darstellen lässt, als Verbindung von Ökonomie, Ökologie und sozialem Zusammenhalt, dann die Gebäudesanierung, so unsexy sie klingt. Am Montag hat Angela Merkel dazu eine gute Chance, denn da spricht sie zu genau diesem Thema: auf der Jahreskonferenz des Rats für Nachhaltigkeit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

4 Kommentare

 / 
  • R
    Revoluzzer

    Einfach wieder mit einen Holzofen heizen. Und nur die 2 Zimmer in denen man sich aufhält. Wer nur 15 % der Wohnfläche heizt erfüllt heute schon die 80 % einsparung

  • K
    Kawa

    wir sind Besitzer einer Immobilie aus den 50ern, und eine energetische Sanierung ist so teuer, dass sie sich wohl erst nach 30 Jahren amortisiert. Das ist unzumutbar. Ich sehe ein, dass neue Objekte den besten Standards entsprechen sollten, und wenn Plus-Energie-Häuser möglich sind, dann sollen sie auch mit staatlicher (also unserer) Unterstützung gebaut werden. Bei Altimmobilien muss man sehr vorsichtig vorgehen, um die (meist sowieso Kreditbelasteten) Eigentümer nicht zu überfordern.

  • W
    Winner?

    Na, das sollte ein Klimaexperte der taz aber besser wissen. Das Problem ist gerade, dass ausgerechnet die, die die Investitionen vornehmen müssten, eben nicht zu den "Winnern" des Deals gehören.

    Und zwar geradezu "systemisch": Vermieter haben bislang kaum ein Interesse an besserer Dämmung, einfach deswegen, weil sie die Nebenkosten, egal, ob hoch oder niedrig, glatt an ihre Mieter durchreichen.

    Erst wenn sie merken, dass sich ihre Buden wg. hoher Nebenkostenabrechnungen schlechter vermieten lassen (oder wenn sich z.B. entsprechende Abschläge etwa in den Mietspiegeln der Städte niederschlagen würden...), hätten sie einen ökonomischen Anreiz zu Klimaschutz-Investitionen.

  • B
    Bullshit

    Wenn es eine "win-win-win" Situation wäre, würden auch alle mitziehen, alle andere wäre doch unlogisch.

     

    Also muß es eine x-y-z Situation sein, mit mindestens einer Variablen mit dem Wert "loose" und hier tippe ich auf den Immobilienbesitzer.

     

    Die ganze Debatte ist Schwachsinn und das Gesetz dazu.

    Entweder es lohnt sich finaziell für mich zu dämmen, dann mache ich es.

    Oder es lohnt sich nicht, dann lasse ich es.

     

    Also müssen Steuern/Verbote/Gebote her, um diesen ideologischen Schwachsinn durchzusetzen. Gewinnen tun am Ende nur die Firmen, welche an der Dämmung verdienen (Heidelberger Zement, Praktiker, usw.) Am besten also deren Aktien kaufen und abwarten.