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Kommentar FunkzellenabfrageZur Ermittlung von Serientätern

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Die Funkzellenabfrage eignet sich gut, um Straftatserien aufzuklären. Die Verhältnismäßigkeit muss geprüft werden, aber es gibt keinen offensichtlichen Rechtsbruch.

N icht jede Funkzellenabfrage ist ein Skandal. Die derzeitige Aufregung in Berlin verwundert daher etwas. Vor allem kann man der Polizei nicht vorwerfen, dass sie bei der Suche nach Autozündlern die Daten von Unbeteiligten erfasst hätte. Denn eine Funkzellenabfrage, die Daten ausschließlich von Verdächtigen erfasst, ist kaum vorstellbar.

Bei einer Funkzellenabfrage (FZA) fragt die Polizei die Mobilfunkfirmen, wer in einem bestimmten Gebiet zu einer bestimmten Zeit mit dem Handy telefoniert hat. Die Methode eignet sich besonders gut, um Serien von Straftaten aufzuklären. Wenn bei zehn Bankrauben an unterschiedlichen Orten jedes Mal dasselbe Handy geortet wird, dann hat man einen Verdächtigen, den man näher überprüfen kann.

Es ist daher nicht abwegig, dass die Polizei versucht, auch die Serie von Autobrandstiftungen auf diese Weise aufzuklären. Man wird auf diesem Wege zwar nur unvorsichtige Zündler erwischen, aber die bisher ermittelten Täter waren auch keine Profis.

Bild: Archiv
CHRISTIAN RATH

ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.

Ein offensichtlicher Rechtsbruch liegt jedenfalls nicht vor. Die Funkzellenabfrage ist gesetzlich erlaubt, auch zur Aufklärung von Brandstiftungen. Natürlich muss jeweils geprüft werden, ob die Maßnahme verhältnismäßig ist. Dagegen spricht aber nicht, dass bei einer FZA auch die Daten von (vielen) Unbeteiligten erfasst werden, denn das liegt in der Natur der Sache.

Unverhältnismäßig ist eine Funkzellenabfrage, wenn, wie vor einem Jahr in Dresden, der Mobilfunkverkehr fast der gesamten Innenstadt über Stunden hinweg ausgewertet wird. Und vor allem wenn dabei die Handydaten von Demonstranten, Gegendemonstranten und berichtenden Journalisten erfasst werden. Wer aber jede FZA skandalisiert, wird am Ende den echten Skandal nicht mehr erkennen können.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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7 Kommentare

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  • C
    ccm

    Eine FZA fragt nicht ab, wer in einem bestimmten Gebiet telefoniert hat, sondern wessen Handy dort in einem Funkmast eingebucht war.

  • TM
    Tobias Mathes

    Ihnen ist aber schon klar das in einigen Gegenden von Berlin deutlich mehr los ist als in der Innenstadt von Dresden?

     

    Ich finde das ehrlich gesagt etwas fragwürdig das die taz hier pro-FZA macht. Ich dachte immer ihr seid etwas kritischer.

  • J
    Julian

    Im Westen nix Neues: Christian Rath relativiert mal wieder den Überwachungsstaat. Er argumentiert wie der Frosch im Kochtopf, der nicht merken will, dass es langsam immer wärmer wird: Hier ein bisschen gesetzeswidrig Daten abgefragt, da ein neues Gesetz mit mehr Überwachungsbefugnissen abgenickt, das tut doch nicht weg, ist doch nicht so schlimm …

  • F
    fariz

    was ist das denn?

     

    ein artikel, der nüchtern sachverhalte erklärt und abwägt?

     

    völlig ohne empörte schnappatmung und hysterie?

     

    Taz, was ist los mit euch?

     

    das wird doch nicht zur regel werden?

  • JS
    Jochen Sindberg

    Die Expertise von Christian Rath ist regelmäßig geeignet, den Themen bei aller politischen Aufgeladenheit eine fachliche Erdung zu geben. Schade nur, dass Plutonia Plarre sich in ihrem weit größeren Beitrag nicht daran orientiert, sondern in das wenig sachlich fundierte Skandal-Geschrei einstimmt. Es wäre eine Skandal gewesen, wenn Polizei und Justiz die in diesen Serientaten geeignet Funkzellenauswertung nicht versucht hätte. Sie ist eine zulässige Maßnahme, und dass andere Mittel wenig Erfolg brachten, liegt mehr als auf der Hand.

    Wenn also - auch bei näherer Betrachtung - die Überzeugung überwiegt, diese Maßnahmen würden einen derart starken Eingriff in das REcht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen, dass die Anforderungen gesetztlich weiter erhöht werden, dann ist darüber zu diskutieren.

    Aus dem Vorgang so etwas wie einen Polizei-Skandal zu machen, ist ein bedauerlicher Reflex und damit auch so etwas wie ein Rückfall in angestaubte Klischees.

  • SS
    stefan seither

    Für mich sind die Bonzenautofahrer die Verbrecher.

  • R
    Rainer

    Doch, ich sehe es als Skandal an! Da werden heimlich Daten von unglaublich vielen Bürgern gesammelt, abgeglichen und warscheinlich auch sehr lange gespeichert und Sie halten das für keinen Skandal? Ist auch nur ein einziger Bürger von diesen Handlungen informiert worden? Wie sollen diese Bürger ihr Recht nach Art. 19 Absatz 4 Wahrnehmen können? Ja ich weiß, dass es auch unverhältnissmäßig ist nur für die Mittteilung die Namen ermitteln zu lassen, aber dass ist ja auch nicht notwendig, wie währe es mit einer einfachen sms? Im übrigen, bei wie vielen Personen ist eigentlich auch der Name abgefragt worden? Hierzu gibt es keinen Richtervorbehalt und die Beamten können Relativ frei ermitteln. In Dresden hat man mehr als 40000 Namen ermittelt (denen hat man auch nichts gesagt). Wie viele waren es in Berlin? Wurden diese informiert? Wie ist das eigentlich mit dem Löschen dieser Daten geregelt? Wann passiert dieses und welchen Nachweis gibt es dafür bzw. wer kontrolliert dieses? Wozu wurden (werden) diese Daten genutzt? In welcher Art und Weise werden diese Daten genutzt (Stichwort Rasterfahndung)? Werden die dadurch gewonnenen Erkenntnisse, sofern nicht unmittelbar für eine Anklage nutzbar, auch gelöscht, oder werden Profile erstellt (wer kennt wen bzw. wer geht welche Wege)?

    Auch wenn Sie es nicht sehen wollen, der mMn. recht tiefe Eingriff in die Privatsphäre so vieler Bürger ohne die geringste Information und spätere Kontrolle ist ein Skandal und erinnert in erschreckender Weise an einen Überwachungsstaat.