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Kommentar Frankreichs KonjukturpaketDas Programm des Präsidenten

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Fankreichs Präsident Sarkozy will die Konjunktur in Höhe mit 26 Milliarden Euro Hilfe ankurbeln. Die Krise ist kontinental, aber die Antworten leider nur national.

Seit die Rezession Europa erfasst hat, ist die "Krise" der Maßstab aller Dinge geworden. Wer jetzt eine neue Politik begründen will, argumentiert nicht mehr, wie noch vor wenigen Monaten, mit dem "freien Wettbewerb" oder dem "Markt". Sondern mit der "Krise". So auch Nicolas Sarkozy, als er am Donnerstag ein Programm zur Ankurbelung der Konjunktur in Höhe von 26 Milliarden Euro ankündigte. In seiner Rede nannte er das Stichwort "Krise" 33-mal.

Sarkozy zieht damit Konsequenzen aus dem letzten französischen Konjunkturprogramm. Anfang der 80er-Jahre hatte Präsident Mitterrand auf eine Rezession mit der Ankurbelung der Kaufkraft reagiert. Damit stärkte er zwar den Konsum, doch er stützte nicht den französischen Arbeitsmarkt. Denn die ausländische Konkurrenz war schneller. Sie profitierte von der gewachsenen Kaufkraft in Frankreich. Dieses Mal will Frankreich die Milliarden in seine heimische Industrie spritzen.

Es gehört zu den Paradoxa der gegenwärtigen Situation in Europa, dass die Probleme kontinental, aber die Antworten national sind. Die gegenwärtige "Krise" wäre eine ideale Gelegenheit, eine gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik zu entwickeln - just entlang jener Leitlinien, die Sarkozy jetzt für Frankreich vorschlägt: Als große europäische Infrastrukturmaßnahmen böten sich beispielsweise Hochgeschwindigkeitsstrecken zwischen Paris-Berlin und Berlin-Warschau an sowie Wohnungsbauprogramme und andere arbeitsintensive Investitionen. Das würde nicht nur den Kontinent in der Krise stärken, sondern zugleich europäische Identitäten und Zugehörigkeiten befördern.

Stattdessen kocht jedes Land sein eigenes Süppchen, die Krise verstärkt noch die Konkurrenz zwischen den einzelnen europäischen Staaten. Ein Konjunkturprogramm wie das von Sarkozy steht für eine Renationalisierung der Politik. Dass der französische Staatspräsident - in Personalunion EU-Ratspräsident - seine Rede mit den Worten "Vive la France", aber ohne "Vive lEurope" enden ließ, ist dafür symptomatisch.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.

1 Kommentar

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  • WH
    Wolfgang Hörner

    Ja, macht es denn die deutsche Regierung anders? Seit Jahren werden in Deutschland Löhne und Steuern gesenkt - mit dem Resultat, daß andere europäische Industriestaaten unter Druck gesetzt werden. Und will die Bundeskanzlerin bei den kommenden EU-Verhandlungen nicht hart bleiben?

    Hochgeschwindigkeitszüge zwischen Berlin-Paris und Berlin-Warschau als europäische Identität? Wie das? Da werden sich aber die nord- und südeuropäischen Länder aber freuen. Oder fährt beispielsweise ein Münchener mit dem Zug nach FFM und steigt dann um in den Zug nach Paris?