Kommentar Frankfurter Flughafen: Die heilige Kuh schlachten
Am Drehkreuz Frankfurter Flughafen wird weiter auf Wachstum gesetzt. Die Nachhaltigkeit bleibt auf der Strecke.
D ie These vom nachhaltigen Wachstum entpuppt sich an Deutschlands größtem Flughafen in Frankfurt als Farce. Dieser wurde immer dann ausgebaut, wenn der Flughafenbetreiber mit dem Finger schnippte und Bedarf anmeldete. In den letzten 30 Jahren hat sich die Zahl der Flüge verdoppelt – auf knapp 500.000 jährlich. Auf ökologische und gesundheitliche Bedenken wurde dabei nur eingegangen, wenn sie nicht die heilige Kuh antasteten: das Wachstum. Dabei ist die Belastung enorm hoch: Fluglärm macht krank und Flugverkehr ist das umweltschädlichste Verkehrsmittel.
Dennoch soll der Frankfurter Airport weiter expandieren – mitten in einem Ballungsgebiet. Zwar gibt es erhebliche Zweifel an der Zahl neu geschaffener Jobs, und die Bedarfsprognosen wurden stark nach unten korrigiert. Doch was zählt, ist Wachstum – egal wie groß. Selbst die nun das Land regierenden Grünen trauen sich nicht, diese heilige Kuh anzutasten. Sie betreiben nur Kosmetik, dabei bedarf es eines ausgewogenen, aber echten Kurswechsels. Dazu muss das Konzept der Luftfahrtdrehkreuze zugunsten dezentraler Alternativen verworfen werden. Denn mehr als die Hälfte der Passagiere in Frankfurt sind Umsteiger.
Zudem wäre eine Einschränkung der Kurzstreckenflüge nötig. Etwa jeder dritte Flug von Frankfurt ist innerdeutsch oder führt in Nachbarländer. Ziele, die meist bequem mit der Bahn zu erreichen sind. Dafür sind wir alle in der Verantwortung – vor allem aber die Politik. Sie muss die 11,5 Milliarden Euro an jährlichen Subventionen für den Flugverkehr streichen, eine Kurzstrecken-Steuer erheben und das Bahnfahren attraktiver machen.
Das würde zwar auf erheblichen Widerstand stoßen – wäre aber das einzig Richtige. Denn Wachstum darf kein Tabu sein, wenn es nachweislich krank macht.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung