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Kommentar FlüchtlingsprotesteDas Tor bleibt zu

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Polizei blockiert demonstrierende Flüchtlingen am Brandenburger Tor. Ein stärkeres Symbol für die deutsche Asylpolitik kann es kaum geben.

S ymbolpolitik hat keinen guten Ruf. Viele meinen: Die ist doch echt für’n …, oder sagen wir mal so: die bringt nicht so viel. Weil sie faktisch nichts ändert. Stimmt. Dennoch ist das Spiel mit hochsymbolischen Orten nicht nutzlos. Etwa wenn es gelingt, politische Vorgaben als Anleitung zur Unmenschlichkeit zu enttarnen. Genau das ist nun zum wiederholten Mal am Brandenburger Tor geschehen.

Dort auf dem Pariser Platz hatten sich schon im Herbst wochenlang Flüchtlinge niedergelassen. In der guten Stube Berlins. Eine Provokation. Politik und Polizei reagierten – fast muss man sagen: dankenswerterweise – wie gehabt: Die Flüchtlinge wurden drangsaliert und mit bürokratischer Paragrafenreiterei schikaniert. Ganz so, wie es Alltag ist in den abgelegenen Lagern. Nur diesmal vor aller Augen, sodass Medien, Opposition und schließlich auch die Verantwortlichen reagieren mussten.

Ähnliches passierte am Samstag. Da demonstrierten die Flüchtlinge und ihre Unterstützer auf der Westseite des Brandenburger Tors. Gegen die Residenzpflicht. Für Reisefreiheit. Was tat die Polizei? Sie riegelte das Tor ab. Mit Plastikbändern. Mit einer Kette aus Beamten. Und zur Sicherheit auch noch mit gleich zwei Fahrzeugreihen.

Bild: taz
Gereon Asmuth

ist Leiter der Redaktion taz.eins.

Ausgerechnet das Brandenburger Tor, seit dem Mauerfall 1989 weltweit gefeiert als Symbol für die Überwindung von Grenzen, wird flugs mal eben dichtgemacht, wenn ein paar Flüchtlinge kommen? Ein stärkeres Symbol für die deutsche Asylpolitik kann es kaum geben.

Dieses Bild ändert nichts an der Lage der Flüchtlinge. Aber es erschwert das Wegschauen – gerade für die politisch Verantwortlichen, die sich so gern mit der gewonnenen Freiheit in Deutschland schmücken.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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10 Kommentare

 / 
  • 1
    1Kritiker

    Herr Asmuth,

     

    Ihr Kommentar ist naiv und unerträglich!

    "...die paar Flüchtlinge..."

    Sie können die paar Flüchtlinge bei sich daheim aufnehmen und diese auf eigene Kosten unterhalten!

    Immer wieder diese Gutmenschen...

  • T
    Thorben-Hendrik

    @Tobias

    "Flüchtling" ist nicht die politisch korrekte Bezeichnung, denn das verniedlicht Menschen in ihrem Status. Richtig muss es "Geflüchtete" heißen, denn das wird als starke Subjektposition empfunden.

     

    Danke für die Klarstellung, Tobias.

    Dennoch bin ich der Meinung, dass auch der Begriff "Geflüchtete" trotz seiner starken Subjektposition von der Mehrheitsgesellschaft abwertend missbraucht wird und daher rassistisch konnotiert ist.

    Weiterhin ist auch hier die feminine und transgenderische Wortform zu stark unterdrückt und phallusdominiert.

    Politisch und genderkorrekt finde ich die Kurzbezeichnung

    "Monoruzud" im Singular und "MonoruzudInnen" im Plural für die zu FlüchtendInnen und die GeflüchtetInnen.

    Der Begriff, ausgesprochen "Momentan noch rassistisch unterdrückte zukünftige Deutsche", bringt das Spannungsfeld, indem sich die künftigen Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zwischen Verfolgung in ihren Ursprungsländern und Verfolgung in Deutschland befinden, gut zum Ausdruck.

  • N
    Neumi

    @ Lisa B.Alles was rechts von Dir steht ist Nazi!!!Ganz Deutschland ist Deiner Meinung nach rechts!!Und du bist Die Allwissende!!Als Linksfaschistin weißt du bestimmt wovon du redest!Wir leben in einer Demokratie,vielleicht kommt das ja auch bei Dir mal an!Und nicht jeder,der kritsch zur deutschen Flüchtlingspolitik steht ist Nazi!Schau mal zu unseren europäischen Nachbarländern(Niederlande,Dänemark,Norwegen).Wäre mir neu,daß die den Nazismuß neu erfunden haben,obwohl Sie eine retriktive Asylpolitik machen!Kein Mensch der flüchtet tut das freiwillig.Und Duldung ist Menschenverachtend!Wenn Kinder nach Ihrer sozialisation in Deutschland nach Jahren in eine Ihnen völlig fremde Welt abgeschoben werden!Und uns geht so wervolles Potential verloren,junge gut ausgebildete Menschen.Also annerkannte Asylbewerber voll Integrieren und Wirschaftsmigranten ausweisen!Asylzentren solange das Verfahren läuft,dannach Wohnung,Sprachkurse und Hilfe bei der Arbeitssuche.Und bessere Annerkennung von Bildungsabschlüssen anderer Länder!

  • GA
    Gereon Asmuth

    @besserwessi

    Da sind Sie falsch informiert. Demonstrationen gehören nicht nur beiderseits des Brandenburger Tors zur Regel, wie es zuletzt die Flüchlingsdemo am Samstag gezeigt hat.

    Auch Aufzüge durch das Brandenburger Tor sind prinzipiell möglich und zulässig. So zogen zB. im Juni 2011 protestierende Schäfer mit ihren Schafen durchs Tor.

     

    Aber selbst wenn Demonstrationen durch das Tor prinzipiell verboten wären, würde das nichts an meiner Argumentation ändern. Denn ich habe ja nicht kritisiert, dass die Demo nicht durchs Tor gehen durfte (das war gar nicht geplant), sondern dass die Polizei das Tor so abgesperrt hatte, dass selbst einzelne Flüchtlinge, die die Demo verlassen wollten, es nicht hätten passieren können.

     

    Und noch zur Info: das Brandenburger Tor fällt auch nicht in die Bannmeile um den Bundestag, die beginnt erst wenige Meter weiter nördlich. Selbst dort sind Demos aber nicht komplett verboten.

     

    Mit Grüßen aus der taz,

    Gereon Asmuth

  • B
    Besserwessi

    "Ausgerechnet das Brandenburger Tor, seit dem Mauerfall 1989 weltweit gefeiert als Symbol für die Überwindung von Grenzen, wird flugs mal eben dichtgemacht, wenn ein paar Flüchtlinge kommen?"

    Du solltest es eigentlich besser wissen Geron.

    Das Brandenburger Tor ist für alle politischen Demonstrationen tabu.

    Daher ist der Kommentar einseitig verfälscht und nur billige Propaganda.

  • T
    Tobias

    Sprachpolitik: "Flüchtling" ist nicht die politisch korrekte Bezeichnung, denn das verniedlicht Menschen in ihrem Status. Richtig muss es "Geflüchtete" heißen, denn das wird als starke Subjektposition empfunden.

     

    Siehe auch:

    http://jungle-world.com/artikel/2012/30/45919.html

  • LB
    Lisa B.

    Comethh - ist das doppel-H Absicht oder Zufall? Schicker wäre vielleicht Comet88 als Name...kannste ja mal erwägen.

    Es macht mich so aggro immer den gleichen Mist zu diesem Thema in den Kommentaren zu lesen. Es ist so eine Frechheit dermaßen polemisch über Dinge zu urteilen, von denen man keine Ahnung hat. Oder hast du schon mal im Isolationslager in Brandenburg gelebt? Ich vermute nicht. Ebenso wenig hast du wahrscheinlich Kontakt zu Flüchtlingen, weißt aber trotzdem mit Sicherheit, dass sie alle nur gekommen sind, um es sich von DEINEN Steuern Geldern hier bequem zu machen.

    Ich schäme mich für dieses nationalistische bis faschistische Gewinsel, was sich immer unter diesen Artikeln findet. Bei diesen Wellen von rassistischen Hetzkommentaren bin ich immer wieder erstaunt, dass die NPD noch nicht im Bundestag sitzt.

  • I
    icke

    @Comethh

     

    Das ist ein durch und durch zynischer Kommentar. Schau dir mal die Realität in den Sammelunterkünften an, da wundert es einen nicht mehr, dass es zu so vielen Selbstmorden unter Asylbewerbern kommt. Ich selbst habe mir einmal so eine Sammelunterkunft in Torgau bei Leipzig angesehn und war zutiefst beschämt darüber, dass in diesem Land hilfsbedürftige Menschen in so einer Baracke untergebracht werden, die in der Tat eher an ein Gulag, als an eine menschenwürdige Unterkunft erinnert. Ich kann nur hoffen, dass das geändert wird und Du dann deinem Versprechen nachkommst, und deinen Pass wegschmeist...die Frage ist nur, wer Dir dann noch Asyl gewähren will.

  • S
    Sprachpolitik

    Wie mir scheint, ist es in der taz mittlerweile offizielle Politik, das Wort "Asylbewerber" zu vermeiden. Statt dessen ausschließlich "Flüchtlinge". Ist natürlich in der Verallgemeinerung Unfug, da über den Status als Flüchtling erst zu entscheiden ist. Entwertet darum auch den Flüchtlingsbegriff. Da aber linke Sprachpolitik stets dem Guten dient, ist über solche Kleinigkeiten hinwegzusehen.

     

    Zum Thema: Die Protestierer bzw. deren Unterstützer taten sich keinen Gefallen, auf die Agenda auch das Verbot von Abschiebungen zu setzen, sprich in Konsequenz Einwanderungsrecht für alle. Kommt nicht gut an. Warum nicht? Weil selbst der Dümmste einsieht, dass man nur eines haben kann: Entweder Sozialstaat oder ungerenztes Einwanderungsrecht für alle. Oder ist das manchen der Unterstützer zu hoch?

  • C
    Comethh

    " Die Flüchtlinge wurden drangsaliert und mit bürokratischer Paragrafenreiterei schikaniert. Ganz so, wie es Alltag ist in den abgelegenen Lagern."

     

    Das klingt nach dem Archipel Gulag oder dem Frauengefängnis Hohenwaldeck pder einem sozialistischen Arbeitslager in Nordkorea.

     

    Aber das ist nicht gemeint, sondern die Drangsal, dass Ausländer in diesem Unrechtsstaat, anders als sonst überall in der Welt, nicht sofort dort Sozialleistungen erhalten oder arbeiten können, wo sie gerne möchten, z. B. in Berlin, im Prenzlauer Berg.

     

    Das ist in der Tat eine gemeine Unbill und ich schmeiße meinen Pass sofort weg, wenn das geändert wird, werde staatenlos und möchte dann auch eine schicke Zweitwohnung im Prenzlauer Berg auf Staatskosten, bitte mit (nicht gebrauchtem) Hausrat (muss nichts Großartiges sein). Deutschkurs brauche ich nicht, aber einen Türkisch- oder Italienischkurs nehme ich gerne mit, auch gerne einen Flugschein oder ähnliche Berufsqualifikationen, die man brauchen kann. Und wenn ich das nicht bekomme, dann ziehe ich halt auf den Pariser Platz.

     

    Kann jemand von der Flüchtlingsindustrie vielleicht mal Tipps geben, wie man an günstige Altbauwohnungen in Berlin-Mitte rankommt (hell, mit Balkon, bitte)?