Kommentar Flaschenverbot: Verbote laufen ins Leere
Wer im Suff Krawall machen möchte, der tut es – da helfen auch 5.000 Polizeieinsätze und verdachtsunabhängige Kontrollen nicht.
A us der Sicht eines Sicherheits-Hardliners mag es schlüssig klingen. Jede verhinderte Körperverletzung ist ein Erfolg, jede Körperverletzung, die zudem noch durch den Konsum von Alkohol ausgelöst wird, ist eine zu viel. Das mag man durchaus unterschreiben – wenn es denn in der Realität so wäre.
Doch gerade der Sachstandsbericht über die Erfahrungen mit dem Flaschenverbot auf dem St. Pauli-Kiez zeigt, dass mit repressiven Maßnahmen das Gewaltphänomen, was zweifelsohne in dieser Gesellschaft ein ernstes Problem ist, nicht begegnet kann.
So ist trotz des Einsatzes von 5.000 Polizisten übers Jahr verteilt, die aufgrund ihrer polizeilichen Befugnisse verdachtsunabhängige Kontrollen nach Waffen und Flaschen durchführen dürfen, die Zahl der mit Flasche verübten Körperverletzungen kaum zurückgegangen. Wer im Suff aggressiv Krawall machen möchte, der macht es – trotz Waffen- oder Flaschenverbot.
Schon bei der Videoüberwachung der Reeperbahn, wo Millionen Kiezbesucher mit einem Eingriff in ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht konfrontiert waren, wurde klar, dass die Videoaugen zu keinen Rückgang der Kriminalität beitragen haben. Und das Flaschenverbot offenkundig auch nicht – außer, dass einige Leute den Bock auf den Kiez verloren haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid