Kommentar Fiskalunion der Eurozone: Merkels Mogelpackung
Der Entwurf Angela Merkels zu einer "Fiskalunion" enttäuscht auf ganzer Linie. Das, was die Eurozone eigentlich braucht, hat die Kanzlerin verhindert.
E ine Woche nach dem EU-Gipfel spitzt sich die Eurokrise wieder zu. Mittlerweile ist Belgien ins Visier der Ratingagenturen geraten. Und auch Italien, Spanien und Frankreich droht die Herabstufung. Besserung ist nicht in Sicht: eine umfassende Lösung sei "außer Reichweite", warnt die Ratingagentur Fitch, deshalb werde man auch künftig beim Blick auf die Eurozone den Daumen senken.
Unsinn, würde man gerne dagegenhalten, schließlich kommt ja nun die neue "Fiskalunion". Sie geht auf die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zurück und soll den Euroländern einen Weg aus der Krise weisen. Doch der erste Entwurf, der jetzt bekannt wurde, enttäuscht auf ganzer Linie. Denn er gibt keine Antwort auf die Schuldenkrise - und verbaut noch dazu einige wichtige Optionen.
Eurobonds sind in dem Text ebenso wenig vorgesehen wie Stützungskäufe durch die Europäische Zentralbank EZB. Das Thema Wachstum kommt nur am Rande vor - dabei wird es ohne das niemals gelingen, die Schulden abzubauen. Denn in der Rezession, die gerade beginnt, sinken die Staatseinnahmen und die Haushaltslöcher wachsen wie in Griechenland.
ist Korrespondent der taz in Brüssel.
Sparen, sparen, sparen - das ist, ganz in Merkels Sinne, der Tenor der "Fiskalunion". Doch selbst beim Thema Budgetdisziplin enttäuscht der Text. Zwar werden Budgetsündern schärfere Sanktionen angedroht. Doch umsetzen lassen sich die Strafen wohl nicht, denn im Zweifel gilt das in diesen Fragen mildere EU-Recht. So steht es ausdrücklich im Entwurf.
Merkels Fiskalunion erweist sich daher als Mogelpackung. Sie löst keines der aktuellen Probleme, sondern wird, weil sie prozyklisch wirkt, sogar noch neue schaffen. Was die Eurozone eigentlich braucht, ist eine Wachstums- und Solidarunion. Doch genau die hat die Bundeskanzlerin mit aller Macht verhindert.
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