Kommentar Finanztransaktionssteuer: Die Luschen-Variante
Die EU-Kommission hat sich auf den kleinstmöglichen Kompromiss bei der Finanztransaktionssteuer geeinigt. Eine Wende zum Guten sieht anders aus.
E uropas Antizockersteuer ist besser als nichts. Allerdings ist die Einführung der Finanztransaktionsabgabe in elf EU-Staaten nur eine Luschenvariante dessen, was nötig wäre, um die Welt vor der nächsten Geldkrise zu bewahren und für ein bisschen mehr Gerechtigkeit zu sorgen.
Der Vorschlag der EU-Kommission ist ein typischer kleinstmöglicher europäischer Kompromiss. Und ein Zeichen dafür, wie man der Finanzindustrie auf den Leim gehen kann. Die Abgabe kommt ja letztlich nur, weil sie die Börsenmeute nicht wesentlich juckt.
Gewiss: Alle Transaktionen sollen besteuert werden, an denen ein Akteur aus einem der elf Mitmacherstaaten beteiligt ist. Also ist auch eine indische Bank dran, wenn sie in Hongkong einem US-Institut eine französische Staatsanleihe verkauft. Nur: Warum macht der internationale Finanzplatz Luxemburg – von dort kommt auch der langjährige Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker – nicht mit, von London ganz zu schweigen?
leitet das Ressort Ökologie und Wirtschaft der taz.
Und: Ausgerechnet hochspekulative Derivate werden mit einer Zwergensteuer von nur 0,01 Prozent belastet, Devisengeschäfte sind ganz ausgenommen. Und: Warum muss der Handel mit Hedgefonds nicht bluten? Wo ist die Steuer auf den hypernervösen Hochfrequenzhandel?
Fast am schlimmsten ist: Die Institute werden die Zeche umlegen – auf König Kunde. Es ist sehr wahrscheinlich, dass letztlich der Privatverbraucher die Steuer zahlt. Auch Pensionsfonds werden ja belastet: Das trifft diejenigen, die ihre Altervorsorge sichern wollten.
Und natürlich ist die größte Gefahr, dass die Spekulanten einfach weiterziehen und ihre Geschäfte in Regionen ohne Börsensteuer verrichten. Deshalb: Der Anfang der Elf ist ein Anfang, wenn auch längst noch keine Wende zum Guten.
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