Kommentar Festnahme ruandischer Terrorchefs: Deutschland holt auf
Deutsche Ermittler betreten Neuland und müssen fix eine internationale Kooperation organisieren. Ihre Fehler haben zahlreiche Opfer gefordert. Das darf sich nicht wiederholen.
Die Festnahme der in Deutschland lebenden Führer der ruandischen Terrormiliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) ist ein überfälliger deutscher Beitrag zum Kampf gegen Straflosigkeit weltweit.
Die Hutu-Miliz FDLR rekrutiert sich aus den Tätergruppen des ruandischen Völkermordes 1994. Bis heute wird sie zum Teil von deren Verantwortlichen angeführt, sie ist in den Bergwäldern Ostkongos eine der brutalsten Kriegsparteien. Genozid stellt für sie ein legitimes Mittel des politischen Handelns dar. Solange sie im Afrika der Großen Seen frei agieren kann, wird diese Region nicht zu ziviler Politik finden. Und solange sie aus Europa heraus politisch gesteuert wird, kann Europa dort nicht glaubhaft als Friedensmacht auftreten.
Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur im taz-Auslandsressort.
Für Deutschland sind diese Festnahmen Neuland. Es gibt jede Menge Beweise für die Verstrickung der FDLR-Exilführung in Verbrechen und Völkermordpropaganda in Afrika, aber diese Beweise sind für die deutsche Justiz nicht leicht zugänglich. Die Ermittler müssen sich jetzt das fremde Terrain der kongolesischen Kriege und der Folgen des ruandischen Völkermordes aneignen. Schon mehrmals ist FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka in Deutschland der Strafverfolgung entgangen, weil die Deutschen dem Fall nicht gewachsen waren. Ihre Fehler haben zahlreiche Menschenleben gekostet. Sie dürfen sich nicht wiederholen.
Deutsche Zusammenarbeit mit dem Justizapparat in Ruanda und im Kongo sowie auf europäischer Ebene und mit dem Internationalen Strafgerichtshof ist nun gefordert. Die Opfer müssen angehört werden, die noch flüchtigen Täter im Völkermord aus Ruanda gehören gefasst und ihre europäischen Unterstützernetzwerke aufgedeckt. Nur dann kann dieser Präzedenzfall für den Völkerstrafgerichtshof erfolgreich zum Abschluss geführt werden und damit auch zum Frieden in Afrika beitragen.
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