Kommentar Feinstaub: Noch Luft nach oben
Umweltzonen und Getrickse mit den Grenzwerten haben nicht geholfen: Die Feinstaubbelastung ist viel zu hoch. Jetzt muss die EU handeln.
F einstaub ist keine feine Sache. Die EU muss die Einhaltung der Grenzwerte unnachgiebig durchsetzen. Staaten, die die Gesundheit ihrer Mitbürger dauerhaft gefährden, sollten endlich mit Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof überzogen werden. 15 Messstationen in Deutschland haben schon jetzt an 25 Tagen die Überschreitung der erlaubten Feinstaubkonzentration registriert, nur 35 Tage pro Jahr dürfen es sein.
Dabei ist erst Mitte April. Und dabei ist der EU-Grenzwert für Feinstaub zweieinhalbmal so hoch wie der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegte, also ganz schön lasch.
Und nicht mal diese Werte werden durch die Umweltzonen eingehalten – dann haben die Beschränkungen für Autos offensichtlich nichts gebracht, sagen Kritiker. Doch ohne diese Maßnahme gäbe es noch bis zu 20 Überschreitungstage mehr. Und das, obwohl der Verkehr „nur“ für 20 Prozent der Feinstaubbelastung verantwortlich ist.
Hier hat die EU also gehandelt. Sie sollte auch tätig werden beim Feinstaub, der an eigentlich schadstoffarmen Orten die Belastung steigen lässt, weil der Dreck zum Beispiel aus polnischen oder tschechischen Kohlekraftwerken herübergeweht kommt.
Den WHO-Grenzwert hat Deutschland selbst im feinstaubarmen Jahr 2013 an der Hälfte aller Messstationen nicht eingehalten. Das lässt das Schlimmste für die Beachtung der neuen EU-Direktive zum Feinstaub fürchten.
Die Novelle würde zwar 3,4 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Aber das ist wenig im Vergleich mit den durch Nichteinhaltung jährlich entstehenden Schäden in Höhe von über 60 Milliarden Euro. Deutschland wird auch 2014 wieder gegen EU-Recht verstoßen. Aber: Die EU sollte keine Gnade walten lassen und Deutschland zu weniger Feinstaub zwingen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften