Kommentar Fall Polanski: Ein kleines Vergehen
Roman Polanski ist frei. Und wieder einmal vertut sich die Presse in der Wortwahl. Oder wie sonst würden Sie den Euphemismus "sich vergehen" bewerten?
R oman Polanskis Hausarrest ist beendet. Der Regisseur darf die Fußfessel abstreifen, die ihn seit neun Monaten an sein Gstaader Chalet gebunden hat, und wieder über Filmfeste tingeln - ohne Angst, an die USA aufgeliefert zu werden. Dort hatte der Regisseur, wie inzwischen weitläufig bekannt, 1977 in Jack Nicholsons Villa eine 13-Jährige mit Alkohol und Beruhigungsmitteln ausgeschaltet und durchgevögelt.
Halt, Pardon - um im Duktus bestimmter Nachrichtenagenturen und Medien zu bleiben, muss es natürlich heißen: Er hat sich an dem Mädchen "vergangen". Diesem Euphemismus folgen in Berichten über das Auslieferungsgesuch der USA gerne Sätze wie "… obwohl sie ihm inzwischen verziehen hat" oder "… obwohl die Tat schon über 30 Jahre her ist".
Aber bleiben wir bei der Formulierung des "Sichvergehens". Haben Sie dabei nicht auch einen kleinen Jungen im Kopf, der mit dem Finger in der Marmelade in der Speisekammer steht? Klingt das nicht wie ein Kavaliersdelikt? Ein kleines "Vergehen" eben? Im sexuellen Kontext denkt man dabei vielleicht an penetrierte Kürbisse oder schlimmstenfalls Schafe (Roberto Benigni in "Night on Earth"), aber nicht an eine vergewaltigte 13-Jährige.
Trotzdem werden sie wieder lesen: "Polanski soll sich an einer Minderjährigen vergangen haben." Korrigieren Sie das doch, zumindest in Ihrem Kopf.
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