Kommentar Eurogipfel in Brüssel: Pakt gegen Merkel
Merkel hat auf dem Eurogipfel nachgegeben, weil sie keine Wahl mehr hatte. Der Druck der Finanzmärkte war zu stark. Deshalb musste der Rettungsschirm aufgestockt werden.
E s war ein historischer Eurogipfel - und eine Niederlage für Kanzlerin Merkel. Nun wird Wirklichkeit, was sie nie wollte: Der Eurorettungsschirm wird ausgeweitet, sodass Deutschland für mehr als 200 Milliarden Euro bürgen muss. Für dieses enorme Zugeständnis bekam Merkel keine Gegenleistung.
Zwar erklärten alle 17 Euroländer, dass sie sich an Merkels "Pakt für den Euro" beteiligen, der einen strengen Sparkurs vorsieht. Doch blieb es bei einer Selbstverpflichtung. Jede Regierung kann weiterhin bestimmen, wie sie ihre Steuer- und Sozialpolitik gestaltet.
Merkel hat nachgegeben, weil sie keine Wahl mehr hatte. Der Druck der Finanzmärkte war zu stark. Die Risikoprämien stiegen ständig, die die Pleitekandidaten für ihre Staatsanleihen zu zahlen hatten. Da war es zwingend, den Rettungsschirm aufzustocken.
ULRIKE HERRMANN ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.
Doch schon jetzt ist klar: Der erweiterte Rettungsschirm wird nicht reichen, um die Pleitekandidaten zu sanieren. Denn Griechenland und Irland sitzen in der "Zinsfalle": Um die Zinsen für alte Schulden zu zahlen, nehmen sie neue Schulden auf. Das ist der sichere Weg in den Bankrott.
Die Regierungschefs scheinen dies zu ahnen. Denn auf dem Eurogipfel haben sie ein kleines Zeichen gesetzt - und sich von der Idee der "Strafzinsen" verabschiedet. Künftig muss Griechenland für die Hilfskredite nur noch 4,2 Prozent zahlen.
Dieses Zugeständnis hat jedoch nur symbolischen Wert. Pleite ist Griechenland trotzdem - und eine Umschuldung unausweichlich. Dieser Eurogipfel wird daher nicht der letzte sein, der als "historisch" einzustufen ist - und als Niederlage für Merkel.
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