Kommentar Eurobonds: Idee gut, aber zu spät
Eurobonds lassen sich nicht ad hoc einführen. Das ist ein Problem in einer Eurokrise, die sich immer schneller zuspitzt. Helfen kann jetzt nur noch die Europäische Zentralbank.
D ie Idee war von der offiziellen EU-Tagesordnung eigentlich verbannt, doch nun taucht sie in Brüssel wieder auf: der Eurobond. Also eine Staatsanleihe, die alle Euroländer gemeinsam herausgeben.
Gleich drei verschiedene Varianten lässt EU-Kommissionspräsident Barroso ausarbeiten, um die murrenden Deutschen zu überzeugen. Denn bisher weigert sich die Bundesregierung hartnäckig, über einen Eurobond zu verhandeln.
Dass diese deutsche Schweigedoktrin jetzt durchbrochen wird, ist kein Zufall. Der Eurobond steht wieder auf der Tagesordnung, weil es in der vergangenen Woche zu einer fundamentalen Wende in der Eurokrise kam: Die Panik an den Finanzmärkten erfasst jetzt auch Kernländer wie Frankreich oder Österreich, die nun ebenfalls mit Zinssteigerungen zu kämpfen haben.
ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.
Die abfällige Unterscheidung zwischen maroden Südländern und scheinbar sicheren Nordländern funktioniert nicht mehr. Die Euroländer sitzen alle in einem Boot - also sollten sie auch gemeinsam rudern.
Die Idee von einem Eurobond ist doppelt bestechend: Die Investoren könnten nicht mehr einzelne Euroländer herauspicken und von diesen astronomische Zinsen verlangen. Zudem würde ein gigantischer Markt für Euro-Staatsanleihen entstehen, der so groß wäre wie der Umsatz an US-Papieren. Diese enorme Liquidität würde die Zinsen nach unten drücken, wie die US-Erfahrung zeigt.
Bleibt ein Problem: Eurobonds lassen sich nicht ad hoc einführen. Die Eurokrise spitzt sich so schnell zu, dass nur noch eine Instanz eingreifen kann: die Europäische Zentralbank. In den nächsten Wochen wird sie signalisieren müssen, dass sie unbegrenzt Staatsanleihen aufkauft. Sonst bricht der Euro auseinander.
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