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Kommentar Erneute Kämpfe im KongoMit den Nerven am Ende

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Zigtausende Menschen sind wieder auf der Flucht, der Kongo braucht dringend eine politische Lösung. Doch die UN setzt weiter auf das Militär.

Regierungstruppen beziehen Stellung im Kampf gegen die Rebellen M23. Bild: reuters

D er Konflikt zwischen Regierung und Rebellen im Osten der Demokratischen Republik Kongo ist in eine neue, womöglich entscheidende Phase eingetreten. Seit Sonntag attackieren sich die Regierungsarmee und die Tutsi-geführte Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) in den Hügeln nördlich der Millionenstadt Goma mit schweren Waffen.

Beide Seiten geben sich verbal unversöhnlich. Ein Funke würde genügen, um eine nur schwer kontrollierbare regionale Konfrontation auszulösen – beispielsweise wenn ein Geschoss der M23 in Wohngebieten von Goma landet oder eines der Regierungstruppen im Nachbarland Ruanda.

Aus Sorge vor der beschriebenen Eskalation haben bereits Tausende von Menschen am Stadtrand von Goma ihre Häuser verlassen. Rund 200 Kilometer nördlich genügten in den letzten Tagen Kämpfe zwischen Regierungstruppen und einer ugandischen Miliz, damit knapp 70.000 Kongolesen die Grenze nach Uganda überschreiten. Die Menschen sind kollektiv mit den Nerven am Ende.

Die Krise im Ostkongo braucht eine politische Lösung. Die dafür eigentlich seit einem halben Jahr laufenden Friedensverhandlungen in Uganda haben dies nicht bewerkstelligt, auch aufgrund eines geradezu fahrlässigen Desinteresses der internationalen Gemeinschaft, die keinerlei rein gar nichts in diesen Dialog investiert.

Bild: taz
Dominic Johnson

ist Co-Leiter des Auslandsressorts des taz.

Stattdessen setzen die UNO und die in ihr federführenden Großmächte darauf, die UN-Truppen in der Region offensiv auszurichten. Sie geben der militärischen Lösung den Vorzug, ohne damit ein politisches Konzept durchsetzen zu wollen.

Sie lassen den Scharfmachern auf allen Seiten einschließlich der eigenen freien Lauf und wundern sich dann, dass diese sich gegenseitig aufstacheln. Es gibt zu viele Kriegsführer im Ostkongo und zu wenig Friedensstifter.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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4 Kommentare

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  • K
    Kimbangu

    was meinen Sie mit einer militaren Loesung? wieder Rebellen in die Armee Führungsposten geben? Wieder dadurch Ruanda es ermöglichen OstKongo zu kontrollieren? Seien Sie neutral in Iher Bericherstattung Herr s.g. Kongoexpert. Sie schreiben immer gegen die Kongolesen...Der Sieg ist unserer, Kagame und die Rauandasen werden füer die Millionen Töten im Ostkongo eines Tages dafür gerade stehen muessen.

  • M
    mwanamke

    @Historian, offensichtlich schauen Sie nicht oft hier vorbei, im Afrika-Teil der taz. Denn dies ist eine der ganz wenigen deutschen Zeitungen, die regelmäßig und sehr fundiert über "dieses geschundene Land" berichten. Nebenbei gibt es auch noch das Kongo-Echo, den Blog zum Thema, zu finden unter "tazblogs" - "aus aller welt".

     

    Viele Grüße und frohes Lesen!

  • M
    mwanamke

    Eine Friedenslösung wird hier vermutlich nicht angestrebt, weil es gar nicht um einen Frieden geht, der den Menschen zugute kommt. (Höchstens so weit, dass die "Etikette" gewahrt bleibt, das heißt, eine gewisse Einhaltung der Menschenrechte)

    Aber letztendlich geht es hier auch wieder vor allem um ganz handfeste Interessen. Da ist doch z.B. der Virunga Nationalpark mit seinen Ölvorkommen, auf die französische und britische Konzerne ganz scharf sind, oder das Riesenprojekt Inga-Staudamm, das vor allem Südafrika mit günstiger Energie für seinen Bergbau versorgen und darüber hinaus diversen (ausschließlich nicht-congolesischen Unternehmen) satte Gewinne ermöglichen soll.

     

    Solche Riesen-Projekte (für die Ölförderung im Virunga-Park bedarf es einer Verfassungsänderung), wären wohl mit einer echt demokratischen Regierung unter Umständen nicht so einfach zu realisieren. Der Marionetterich Kabila hingegen hat bereits hinreichend unter Beweis gestellt, dass er notfalls auch in der Lage ist, auf ganz geschmeidige Art und Weise die Verfassung zu ändern. Ein lupenreiner Diktator im demokratischen Gewand.

     

    Ganz nebenbei geht es vielleicht auch um die östlichen Nachbarn, die bei gut nachbarlichen Beziehungen wertvolle Partner für den Handel mit Rohstoffen und and. Gütern sein könnten, was die Autarkie der östlichen Regionen fördern würde.

    Warum wohl werden hier immer wieder Ressentiments geschürt mit Berichten über die (angebliche) Unterstützung von Rebellengruppen, während die Verantwortung der congol. Regierung für die Situation (auch von hier aus werden bewaffnete Milizen unterstützt) vollkommen ignoriert wird?

     

    Mag sein, das sind alles nur "Verschwörungstheorien". Aber irgendwie kann mensch schon den Eindruck gewinnen, das es da so was wie einen Plan gibt. Die Stärkung einer willfährigen Regierung und ganz nebenbei so ein bißchen Isolation des rohstoffreichen Ostens von den Nachbarländern. Wie gehabt eigentlich.

  • H
    Historian

    Schade, dass die TAZ so wenig über dieses geschundene Land berichtet und vor allem über die Hintergründe dieser Tragödie:

     

    Die belgische Kolanialzeit, wo nahezu die Hälfte der Einheimischen ermordet wurde.

     

    Davon hat sich dieses Land bis heute nicht erholt, obwohl es so viele kostbare Rohstoffe besitzt, die immer noch von EX-Kolonialmächten ausgebeutet werden!!!