Kommentar Energiekonsens: Das Zeitspiel der Kanzlerin

Die Kanzlerin wartet ab. Worauf nur? Der Zeitdruck ist enorm. Vier Wochen hat sie gebraucht, nur um die SPD-Ministerpräsidenten zu fragen, was die eigentlich wollen.

Angela Merkel redet viel von dem neuen Energiekonsens. Das soll ein ganz großer Hut werden, unter den Grüne und Konzerne, die Länder mit ihren Sonderwünschen, die SPD, die Kirchen und ganz viele Wähler passen. Die Idee ist richtig. Energiepolitik braucht Planungssicherheit. Und die gibt es nur, wenn man sich über die Grundlagen solide einigt.

Einigkeit war mit dem rot-grünen Atomkonsens schon mal da. Doch die schwarz-gelbe Regierung hat diese Grundlage mit der AKW-Laufzeitverlängerung ruiniert. Diesen Fehler muss sie nun korrigieren.

Merkel spürt den Druck der Bevölkerung. Umso ärgerlicher ist, wie wenig sie für den neuen Konsens tut. Erst vier Wochen nach dem Moratorium hält sie es für nötig, mal nachzufragen, was die SPD-Ministerpräsidenten so wollen. Mit den konkreten Akteuren, die mit ins Boot müssen, möchte sie lieber nicht zu viel zu tun haben.

Stattdessen hat die Kanzlerin erst einmal einen Ethikrat eingesetzt und eine Kommission, die die Sicherheit der Atomkraftwerke prüfen soll. Als wäre das nicht alles schon bekannt. Merkel gibt die Leitung ab, sie führt nicht.

Die Union ist, nach ihrem Reißschwenk in der Atompolitik, mit sich selbst beschäftigt. Röttgen will schnell viel Umbau. Und der Pro-Atom-Flügel ist seit Fukushima geschwächt. Aber es reicht noch dazu, auf die Bremse zu treten und Angstzahlen unter die Leute zu streuen, wie teurer der Ausstieg wird. Die Unionsspitze starrt auf die innere Machtbalance - deshalb wirkt sie so verdruckst, wo sie mit den Gegnern kooperieren soll.

Dabei ist der Zeitdruck enorm. Anfang Juni muss ein Gesetz stehen, das Merkels Atomkurs absichert. Es muss juristisch wasserdicht sein. Die Drohung, dass der Staat Schadenersatz wegen des Moratoriums an Konzerne wie RWE zahlen muss, ist noch aktuell.

Was ansteht, ist eine Energiewende in fast forward. Merkel aber hat bis jetzt nur viele Signale nach innen gesendet. All das kostet sie Zeit, die sie eigentlich nicht hat.

Schwarz-Gelb drückt sich nach wie vor um einen konkreten Ausstiegstermin für die AKWs. Darum schwirren Zahlen umher, eine, drei oder fünf Milliarden, die der Umbau pro Jahr kosten wird. Dabei sind diese Zahlen Luftbuchungen, solange das Tempo des Ausstiegs offen ist. Die CSU überschlägt sich unterdessen in Ausstiegsrhetorik. Merkel wartet ab. Worauf?

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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