Kommentar Emissionshandel: Ein Horrorszenario, das wirkt
Der Emissionshandel ist das wichtigste Instrument ökoliberaler Politik. Und es hat funktioniert. Schade, dass die Koalition das nicht sehen will.
W as bringt Europa der ganze Klimaschutz, wenn die Industrie abwandert und in China schmutzig weiterproduziert? Nichts. Also wollen wir es nicht übertreiben.
So lautet in etwa das billige Argument, das seit Jahrzehnten gegen jeglichen Versuch ins Feld geführt wird, Wirtschaft so zu regulieren, dass Ökologie zum Wettbewerbsvorteil wird.
Doch diese Horrorvision vom deindustrialisierten Europa wirkt immer noch – und hat eine Mehrheit der EU-Parlamentarier dazu bewogen, das wichtigste Instrument einer ökoliberalen Politik zu zerstören: den Emissionshandel.
ist Redakteur im Ressort Ökologie und Wirtschaft der taz.
Der bezeichnet eine Art Müllgebühr zum Schutz der Atmosphäre. Wer CO2 ausstößt, muss Verschmutzungsrechte vorweisen. Weil die wie Aktien frei gehandelt werden, verdienen clevere Unternehmen damit Geld. Wer 10 Euro investiert, um eine Tonne CO2 zu sparen und sein Verschmutzungsrecht für 15 Euro weiterverkaufen kann, macht Gewinn.
So weit die Theorie. Momentan sind die Preise für die Verschmutzungsrechte aber so tief, dass sich Klimaschutzgeschäfte nicht mehr lohnen. Die Parlamentarier haben verhindert, dass die Kurse wieder steigen; dass der Emissionshandel funktioniert. Und das, obwohl eine Reihe von Großunternehmen für höhere CO2-Preise waren, weil sie bereits sparsamere Kraftwerke errichtet hatten – ein untrügliches Zeichen, dass das Instrument funktioniert. Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet dem Markt zugetane Abgeordnete von FDP und CDU im EU-Parlament gegen eine Reform gestimmt haben. Es wäre eine Notfallmaßnahme gewesen, um ein systemrelevantes Instrument für den Klimaschutz zu retten.
Wie, bitte schön, soll der Klimaschutz in liberalem Sinne funktionieren, wenn nicht so? Angela Merkel hat keinen Versuch unternommen, die deutschen Abgeordneten von dem Horrorszenario zu befreien. Schade.
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