Kommentar Eizellspende: Die Liberalisierung ist überfällig

Nach dem Urteil des Straßburger Gerichtshofs für Menschenrechte wird Frauen wohl auch bald in Deutschland erlaubt werden, fremde Eizellen bei der künstlichen Befruchtung zu nutzen.

Das deutsche Embryonenschutzgesetz wackelt. Das Verbot der Eizellspende für künstliche Befruchtung dürfte nicht zu halten sein. In einem österreichischen Fall hat der Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte gerade ein solches Verbot beanstandet. Da die Rechtslage in Deutschland gleich ist, muss Frauen wohl auch bald bei uns erlaubt werden, fremde Eizellen bei der künstlichen Befruchtung zu nutzen.

Diese Entwicklung ist zu begrüßen. Das Embryonenschutzgesetz von 1990 ist ein Relikt der Kohl-Ära und ein Ausdruck des starken christlich-religiösen Einflusses auf die deutsche Politik: Gottes Schöpfung darf so wenig wie möglich ins Handwerk gepfuscht werden. Dabei wäre zumindest im Bereich der Fortpflanzungsmedizin deutlich mehr Liberalität angebracht. Die Zeugung von Nachwuchs wird heute in der Regel als bewusste Entscheidung gelebt - weshalb Paare auch die Möglichkeit haben sollten, alle medizinisch vertretbaren Hilfen in Anspruch zu nehmen.

Das rigide Gesetz dürfte sich so lange gehalten haben, weil auch deutsche Feministinnen die Reproduktionsmedizin großteils ablehnen. Die Spenderinnen sollen durch das Verbot vor gesundheitlichen Risiken bei der Hormonbehandlung geschützt werden. Der Kinderwunsch von Paaren, die auf eine Eizellspende angewiesen sind, wird als Ausdruck gesellschaftlicher Zwänge abgewertet.

Diese Bevormundung von Menschen ist schon als politisches Konzept angreifbar. In der Praxis ist sie zudem kontraproduktiv. Denn viele deutsche Paare gehen dann eben ins Ausland, etwa nach Tschechien oder Spanien. Besser wäre es, in Deutschland die Eizellspende zuzulassen, eine hochwertige medizinische und psychologische Betreuung der Spenderinnen sicherzustellen und natürlich auch eine faire Bezahlung.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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