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Kommentar EizellspendeDie Liberalisierung ist überfällig

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Nach dem Urteil des Straßburger Gerichtshofs für Menschenrechte wird Frauen wohl auch bald in Deutschland erlaubt werden, fremde Eizellen bei der künstlichen Befruchtung zu nutzen.

Das deutsche Embryonenschutzgesetz wackelt. Das Verbot der Eizellspende für künstliche Befruchtung dürfte nicht zu halten sein. In einem österreichischen Fall hat der Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte gerade ein solches Verbot beanstandet. Da die Rechtslage in Deutschland gleich ist, muss Frauen wohl auch bald bei uns erlaubt werden, fremde Eizellen bei der künstlichen Befruchtung zu nutzen.

Diese Entwicklung ist zu begrüßen. Das Embryonenschutzgesetz von 1990 ist ein Relikt der Kohl-Ära und ein Ausdruck des starken christlich-religiösen Einflusses auf die deutsche Politik: Gottes Schöpfung darf so wenig wie möglich ins Handwerk gepfuscht werden. Dabei wäre zumindest im Bereich der Fortpflanzungsmedizin deutlich mehr Liberalität angebracht. Die Zeugung von Nachwuchs wird heute in der Regel als bewusste Entscheidung gelebt - weshalb Paare auch die Möglichkeit haben sollten, alle medizinisch vertretbaren Hilfen in Anspruch zu nehmen.

Das rigide Gesetz dürfte sich so lange gehalten haben, weil auch deutsche Feministinnen die Reproduktionsmedizin großteils ablehnen. Die Spenderinnen sollen durch das Verbot vor gesundheitlichen Risiken bei der Hormonbehandlung geschützt werden. Der Kinderwunsch von Paaren, die auf eine Eizellspende angewiesen sind, wird als Ausdruck gesellschaftlicher Zwänge abgewertet.

Diese Bevormundung von Menschen ist schon als politisches Konzept angreifbar. In der Praxis ist sie zudem kontraproduktiv. Denn viele deutsche Paare gehen dann eben ins Ausland, etwa nach Tschechien oder Spanien. Besser wäre es, in Deutschland die Eizellspende zuzulassen, eine hochwertige medizinische und psychologische Betreuung der Spenderinnen sicherzustellen und natürlich auch eine faire Bezahlung.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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4 Kommentare

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  • Die Eizellspende halte ich für eine medizinische Behandlung, die schon lange erlaubt sein müsste.Das jetzige Verbot der Leihmutterschaft sei angemessen. Weil das Bindungsgefühl nie ganz auszuschalten ist.

  • Viele kinderlose Paare verzichten auf Adoption, denn sie möchten die genetisch verwandten Kinder haben oder die Frauen möchten ein Baby selbst austragen. Das Embryoschutzgesetz verbietet es in Deutschland zu verwirklichen, deshalb sind arme Leute gezwungen, ins Ausland zu fahren. Die ausländischen Kliniken bieten für sie viele Möglichkeiten an. In der Ukraine z.B. findet man solche medizinischen Zentren, die ganz legal sind, und wo man kann, ihren Kinderwunsch erfüllen.

  • K
    Karla

    Ich bin mit der Charlotte einverstanden. In Europe verwenden die Kliniken nur gefrorene Eizellen. Ich habe in der Ukraine Eizellspende gemacht. Sie setzen bei der Befruchtung nur frisches Material ein. Ich habe drei Versuche gehabt, dritte war erfolgreiche, ich bin schwanger geworden.

  • BT
    Beate T.

    Ein Lob für diesen Artikel. Er bringt die Ursachen für das so genannte Embryonenschutzgesetz, das nicht nur die Eizellsende verbietet, sondern z.B. auch die PID und die Weiterkultivierung von mehr als 3 Embryonen (was geringere Schwangerschaftsaussichten und einen höheren Grad der Mehrlingsschwangerschaften zur Folge hat) genau auf den Punkt. Die Ursache für dieses Gesetz liegt in der übrigens grundgesetzwidrigen Vetternwirtschaft von staat und Kirche. Ja, und die Feministinnen haben auch ihr Teil zur Aufrechterhaltung dieses Gesetzes beigetragen.

     

    Ich hoffe aufrichtig, dass es nun mal zu einer Änderung kommt. Dass die Kirchenleute die Moral nicht mit Löffeln gegessen haben, wissen wir spätestens seit den Skandalen um die von ihnen misshandelten und missbrauchten Kinder.