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Kommentar EhegattensplittingDämliche Privilegien für alle!

Heide Oestreich
Kommentar von Heide Oestreich

Das Ehegattensplitting wurde erfunden, um Frauen in die Kriegsproduktion zu locken - und ist noch heute unsinnig. Kein Grund, es Homo-Paaren zu verwehren.

D as Ehegattensplitting ist eines jener Institute, die Frauen davon abhalten können, nach einer Kinderpause wieder voll berufstätig zu werden. Je mehr sie verdienen, desto kleiner wird der Steuervorteil für das Paar. Obwohl diese Wirkung viel beschrieben und kritisiert wurde und die Abschaffung des Splitting immer mal wieder auf dem Plan steht, wird es demnächst wohl ausgeweitet: auf verpartnerte Homopaare.

Das Kölner Finanzgericht hat dies jetzt schon verfügt, das Verfassungsgericht wird wohl folgen. Und das ist natürlich richtig, denn auch ein dämliches Privileg ist ein Privileg, an dem alle teilhaben sollten, die sich gegenseitig unterstützend durchs Leben gehen – auch wenn dessen Nachteile für Verpartnerte genauso gelten wie für Verheiratete.

Das Splitting ist das Erbe der nationalsozialistischen Frauenpolitik: Ehegatten wurden damals gemeinsam veranlagt, was wegen der Steuerprogression einen absurd hohen Steuersatz, vor allem für die weniger verdienende Person, zur Folge hatte. Diese schlichte Addition der Einkommen sollte Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalten.

Bild: taz
Heide Oestreich

ist Inlandsredakteurin der taz.

Das Ehegattensplitting wurde je nach Wirtschaftslage eingesetzt. Zunächst gab es gar keins, weil die Frauen nicht arbeiten sollten. Als Frauen dann in der Kriegsproduktion gebraucht wurden, wurden sie mittels Ehegattensplitting, das den gemeinsamen Steuersatz minderte, gelockt. So konnte man die Reservearmee der Frauen lenken.

Die eigentliche Ungerechtigkeit ist also die Addition der Einkommen im Steuerrecht, die durch das Splitting im Nachhinein wieder gemildert wird. Das Verfassungsgericht beanstandete denn auch 1957 die gemeinsame Veranlagung als Abweichung vom Prinzip der Individualbesteuerung. Doch Adenauer wollte die gemeinsame Veranlagung und milderte nur deren Nachteil erneut durch das Ehegattensplitting.

Heute, da die Ehe nur eine unter vielen partnerschaftlichen Lebensformen ist, ist das Splitting absurder denn je. Denn jetzt wird offenbar, dass es nicht nur die Folgen der gemeinsamen Veranlagung ausgleicht, sondern dass individuell besteuerte unverheiratete Paare dagegen im Nachteil sind.

Die richtige Antwort darauf wäre natürlich die Individualbesteuerung für alle – mit einem Bonus für Familien mit Kindern. In der jetzigen Regierung fordert das niemand. In der Opposition alle. Also: warten auf den Regierungswechsel.

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Heide Oestreich
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1968, ist seit langem Redakteurin für Geschlechterpolitik in der taz und im kulturradio vom RBB. Von ihr erschien unter anderem das Buch „Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam“. 2009 wurde sie mit dem Preis „Der lange Atem“ des Journalistenverbands Berlin Brandenburg für die Berichterstattung über Geschlechterstereotype ausgezeichnet.

7 Kommentare

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  • C
    CoCo

    Das Ehegattensplitting ist richtig und sollte erhalten werden. Familien sind die Keimzelle unsere Gesellschaft und müssen geschützt werden.

     

    Für Kinder ist es ohnehin nicht gut, wenn sich Papa oder Mama alle paar Jahre trennen und mit neuen Partnern Kinder in die Welt setzen.

     

    Wer Bindungsängste hat und lieber freie Liebe praktizieren möchte, der muss halt mit steuerlichen Nachteilen leben. Dafür hat er aber auf dem Wohnungsmarkt bessere Chancen ... , das kann man ja auch verrechnen. ;-)

  • I
    ilona

    Es gibt zigtausende unverheiratete Paare, die zusammen leben in einer gemeinsamen Wohnung. Bei vielen ist ein Partner (zeitweise) arbeitslos oder Geringverdiener. Anspruch auf ALG II besteht aber nicht mehr. Denn nach den neuen Sozialgesetzen (Hartz IV) ist auch in unverheirateten (!) Lebensgemeinschaften heute der Partner in der Versorgungspflicht, (sogen. 'Bedarfsgemeinschaft') aber nur wenn/weil man eine sexuelle Beziehung hat!? Zweck-WGs Frau+Mann, die in Großstädten wegen Wohnungsmangel und teuren Mieten heute üblich sind, müssen im Sozial-Bedarfsfall eines Mitbewohners inquisitorische Hauskontrollen über sich ergehen lassen, ihre Finanzen offen legen etc. Wird eine sexuelle Beziehung angenommen oder durch Schlafzimmerkontrolle :-) amtlich nachgewiesen (zwei zerknüllte Kopfkissen!!), muss der Mitbewohni mitversorgen!

    Logischerweise müssten jetzt auch Zweck-WGs von Männern oder Frauen im Hartz IV Bedarfsfall durch staatliche Bett-Kontrollkommandos gecheckt werden, ob sie nicht doch vielleicht......?? Es ist A B S U R D!

  • S
    Slimak

    Selbstverständlich hat Frau Oestreich Recht: Das Ehegattensplitting gehört komplett abgeschafft, weil es Unfug ist. Die Abschaffung wäre mitnichten familienfeindlich, da - wie im Artikel erwähnt - im gleichen Atemzug das Leben mit Kindern, egal in welcher Partnerkonstellation oder aber, wie zunehmend der Fall, allein erziehend, steuerlich zu begünstigen ist, und zwar drastisch. Nach welcher Logik sollen denn die kinderlose, nicht erwerbstätige Zahnarztgattin und ihr Ehemann mit der gut Kohle abwerfenden Praxis durch das Ehegattensplitting entlastet werden? Weil sie verheiratet sind? Und die allein Erziehende guckt in die Röhre - so sieht derzeit soziale Gerechtigkeit à la Beamtenrepublik Deutschland aus. Großartig. Manchen KommentatorInnen sei empfohlen, das Hirn einzuschalten, bevor sie mit ihrem reaktionären Familienbegriff argumentieren. Familie ist, wo Kinder sind!!!

  • HB
    herrlicher Blödsinn

    zur Steuergeschichte

     

    a) erst gab es eine nichtprogressive gemeinsame Veranlagung der Ehepartner

    b) ab 1920 kamen Progressionsstufen dazu und eine Induvidualbesteuerung. Was zu Benachteiligung der Familien führte.

    c) 1934 nach Widerständen innerhab der NSDAP wurde diese ungerechte Besteuerung der Familien durch eine gemeinsame Veranlagung wieder eingeführt.

     

    "Das Splitting ist das Erbe der nationalsozialistischen Frauenpolitik: Ehegatten wurden damals gemeinsam veranlagt, was wegen der Steuerprogression einen absurd hohen Steuersatz, vor allem für die weniger verdienende Person, zur Folge hatte. Diese schlichte Addition der Einkommen sollte Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalten."

     

    tut mir leid, dies ist kompletter Unsinn !

     

    Falls die gemeinsame Veranlagung in einem steuerprogressiven System tatsächlich Frauen diskriminiert und in ihren Augen abzuschaffen sei, so wäre sie nur duch eine steuerliche Diskriminierung der Familien gegenüber Singles durchzusetzen.

     

    Dies aber wäre Ungerechtigkeit aus ideologischer Überheblichkeit.

     

     

    Dass verpartnerte Paare hingegen auch in Genuss der Splittingvorteile kommen, ist nur gerecht, denn auch sie tragen Versorgungspflichten.

     

    Die Gemeinschaft gewinnt dadurch nur, denn die familäre Solidarität erspart dem Staat Unsummen an Versorgungsansprüchen. Von den sozialen Errungenschaften möchte ich hier gar nicht sprechen.

    Durch Entzerrung der Progressionsstufen im unteren und mittleren Bereich und Einführung neuer Progression im oberen Bereich würden die Splittingvorteile ohnehin weitgehend entfallen oder kleiner werden und nur denen die sie tatsächlich brauchen, wie kinderreiche Familien, zugute kommen.

  • P
    proFamilie

    Wie immer ist auch dieser Kommentar von Frau Oestreich familienfeindlich. Beim Ehegattensplitting wird das zu versteuernde Einkommen zu gleichen Teilen auf beide Ehegatten verteilt und daran ist nichts ungerecht. Im Grunde geht es Frau Oestreich um etwas ganz anderes, es geht ihr um die Aushöhlung des Artikels 6 (1) im Grundgesetz.

    Die Ehe als Lebensform ist ihr ein Dorn im Auge und da spielt es für sie auch keine Rolle dies mit unsachlichen Argumenten zu bekämpfen. Je mehr jemand verdient und das gilt auch für Männer, desto höher fällt der Steueranteil aus. Dies hat erst einmal überhaupt nichts mit dem Ehegattensplitting zu tun. Die Einleitung zum Kommentar von Frau Oestreich ist also schon einmal unsinnig. Danach wird auch schon gleich von Frau Oestreich die Nazikeule geschwungen, um das Ehegattensplitting zu verdammen.

  • S
    Stefan

    Ein einfacher, klarer Gedanke, gelassen ausgesprochen. Ehen sind Privatsachen und sollten in keiner Weise staatlich reglementiert werden.

     

    Ob allerdings dazu erst diese Nichtregierung von einer anderen Nichtregierung abgelöst werden muss - diese Schlussfolgerung teile ich nicht.

  • NF
    nuke from orbit

    Scheint einer Google-Suche nach zu urteilen der Lieblings-Kreuzzug der Redakteurin zu sein.

     

    Nur sachlich richtig wird die Argumentation durch den Schaum vorm Mund natürlich nicht.

     

    Es ist absolut vernünftig, dass beliebige Individuen rechtliche Gemeinschaften bilden, deren Kernzweck in gegenseitiger Versorgung besteht. Dieser geschützte Raum kann eine konventionelle Familie sein oder eine Homo-Ehe. Dem nicht immer existenten steuerlichen Vorteil der gemeinsamen Veranlagung stehen Unterhalts- und Versorgungspflichten gegenüber.

     

    Warum bitte sollten 3 Familien mit gleichem Gesamteinkommen unterschiedlich besteuert werden, nur weil z.B.

     

    Fall A) die Frau bei voller Arbeitszeit das Geld heimbringt

     

    Fall B) Frau und Mann bei voller Arbeitszeit das Geld heimbringen

     

    ... und weil man hier vllt. sagen könnte "Fam. B muss viel mehr arbeiten als A, das ist ungerecht" noch:

     

    Fall C) Frau und Mann bei 50% Teilzeit das Geld heimbringen