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Kommentar Edathy-ProzessKein Urteil, keine Eindeutigkeit

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

War das ein Geständnis oder nicht? Naheliegender ist, dass Edathy auf einen Freispruch verzichtet hat, weil die Bilder doch recht eindeutig strafbar waren.

Die Akten können vorerst geschlossen werden. Bild: reuters

W ar das nun ein Geständnis oder nicht? Das Verfahren gegen Sebastian Edathy wegen Besitz von Kinderpornographie wurde gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt – nachdem Edathy erklären ließ, die Vorwürfe der Anklage träfen zu. Doch nur kurze Zeit später hieß es auf Edathys Facebook-Seite, ein Schuldeingeständnis sei das nicht gewesen. Na, was denn nun?

Edathy hat eingeräumt, dass er die Bilder selbst heruntergeladen hat. Damit kann er nicht mehr behaupten, möglicherweise habe eine andere Person seinen Computer benutzt. Er ließ aber offen, ob er das für strafbar hält. Vermutlich wird er bald wieder tönen, er habe gar nichts Verbotenes getan.

Auch das Landgericht Verden hat nun nicht festgestellt, dass Edathy eine Straftat begangen hat. Das ist das Wesen der Einstellung gegen Geldauflage. Der Staat spart sich einige Prozesstage, verzichtet dabei aber auf ein eindeutiges Urteil.

Politisch ist die Frage, ob sich Edathy Kinderpornographie oder legale Nacktbilder beschafft hat, nicht mehr relevant. Edathy hat sein Amt aufgegeben, und ein neues Mandat wird er kaum anstreben. Der bloße Voyeurismus der Öffentlichkeit ist dagegen kein hoher Wert.

Manche halten Sebastian Edathy nun für ein Opfer, das der Einstellung gegen Geldauflage nur zustimmte, damit nicht alle Welt die von ihm heruntergeladenen Bilder anglotzt. Das ist für Edathy bequem, aber keineswegs zwingend. Denn das Publikum hätte sich wohl auch bei einem Fortgang des Prozesses kein eigenes Bild machen können. Schließlich wird bei Fällen mit Intimbezug die Öffentlichkeit bei Gericht meist ausgeschlossen.

Naheliegender ist vielmehr, dass Edathy auf den Kampf um einen Freispruch verzichtet hat, weil die Bilder vielleicht eben doch recht eindeutig strafbar waren.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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7 Kommentare

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  • Hallo Herr Rath,







    falls Sie sich bei Herrn Diekmann bewerben wollen, schicken Sie ihm den Artikel als Arbeitsprobe mit.







    Solche Unterstellungen, Spekulationen und Kommentare kenne ich bisher nur aus der BILD.



    Damit haben Sie sicher das Zeug zu Germany's next Franz-Josef Wagner.







    Wie eine differenzierte Betrachtung aussehen kann, zeigt ausnahmsweise mal am besten der Stern:



    http://www.stern.de/panorama/edathy-und-dessen-geldauflage-gesetzesbrecher-und-gesetzesbieger-2177246.html

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    Angeborene Neigungen können nicht strafbar sein, sitzt unverschuldet jemand im Rollstuhl, ist das auch nicht strafbar und kann es auch nicht sein.

     

    Nimmt man den Maßstab für andere Neigungen, entvölkern sich die Parlamente.

     

    Erst dann kann man fragen, was die Bilder auf Bundestagsrechnern zu suchen hatten und dann ist der Rücktritt richtig, das gilt für alle, die sich, egal welche Neigungen im Spiel sind, Bilder downloaden, die nicht in den Job gehören.

     

    Es geht um Basics, nicht um Strafbarkeit. Die Basics hat Edathy nicht gebracht.

     

    Auch Medien und Gesellschaft haben Basics nicht gebracht, Edathys Neigungen sind angeboren. Das zu registrieren und zu akzeptieren ist der Unterschied zwischen Moral und Ethik und Ethik hat dies zu akzeptieren.

     

    Wer im Bundestag die Bildzeitung liest, sollte nicht über Edathy herziehen. Die Bildzeitung bildet noch keine nackten Knaben ab, damit ist die Bild durchaus moralisch, ethisch ist Bild nicht.

     

    Wer sich im Bundestag nackte Knaben etc. mit Respekt ansieht, kann das meinetwegen machen, so lang er/sie will. Über andere Menschen kann man dabei sehr viel lernen. Basics können durchaus immanent sein.

    • @5393 (Profil gelöscht):

      Edathy hatte seinen Laptop als gestohlen gemeldet. Was wenn das die Wahrheit war? Wenn ich Daten löschen möchte, nehme ich die Festplatte aus dem Rechner und wenn ich sie wieder einsetzte, kann auch kein noch so perfekter Datenrettungsdienst irgend etwas wiederherstellen. Wenn jedoch jemand dem Abgeordneten etwas anhängen wollte, wäre so ein gestohlener Laptop ideal. Denn er regt unsere Phantasie an. Üblicherweise stehen auf den tragbaren Rechnern die privatesten Dinge. Edathy konnte bestimmte E-Mails nicht mehr lesen. Von Strategiepapieren, die nicht zur Veröffentlichung gedacht sind, gab es sicher keine Sicherheitskopie. Im Ausschuss wirkte Edathy stets glaubwürdiger als Michael Hartmann.

    • @5393 (Profil gelöscht):

      Hier beginnen die Unterstellungen. Ob und was Edathy empfunden hat, wissen wir nicht. Zwei Dinge wissen wir: einerseits waren die Bilder aus Kanada legal und wurden von der Staatsanwaltschaft im Prozess nicht mehr aufgeführt. Andererseits handelt es sich um einen Anbietermarkt. Das heißt, da die einen Bilder OK waren, hat Edathy auch bei dem anderen Dienst geklickt. Da es die aber nur im Abo als Pushservice gibt, war es bereits zu spät. Denn der politische Gegner wusste eher Bescheid als der Abgeordnete. Jeder hat seine Schwachstelle. Diese hat gereicht, um die gesamte Persönlichkeit zu zerstören. Die Kampagne war von langer Hand angelegt. Veröffentlicht wurde sie, als genug Beweise zusammen waren.

  • und hier die erklärung, wie Tobias Schulze sie mitgeschrieben hat:

    "Die Vorwürfe treffen zu. Ich habe die Gegenstände in meinem Besitz gehabt. Bildband mir zuzuordnen. Gleiches gilt für Logdateien. Mir war Inhalt bekannt. Eingesehen, dass Fehler begangen. Lange gebraucht, je länger öffentlich angegrfiffen, desto stärker Drang mich zu verteidigen. Mit Einstellung gegen Geldauflage im mittleren vierstelligen BEreich einverstanden."

    aus https://etherpad.mozilla.org/BNEJbHUz7i

    er räumt den besitz bestimmter in der anklageschrift angeführter gegenstände ein. mehr nicht.

    annahmen, wie diese gegenstände beschaffen seien, entstehen im kopf des hörers/lesers. und sind von der je persönlichen lüsternheit und/oder dem je persönlichen strafbedürfnis bestimmt.

     

    naheliegend aus meiner sicht ist daher, dass Edathy einfach keine lust mehr hatte, für alle möglichen und unmöglichen leutz die wixvorlage abzugeben.

    die frage ist, ob die einstellung nach 153a auch vor zulassung der anklage zu haben gewesen wäre.

    wer sich noch mal den auftritt der StA Hannover vom 14.2.2014 antut

    https://www.youtube.com/watch?v=l8-O5uot-Yk

    kommt zu dem schluß, dass eher nein.

  • Den Prozess müssen wir im Kontext sehen. Edathy war im Innenausschuss, als das heutige Gesetz verabschiedet wurde. Dabei kam er mit eindeutigen Bildern in Kontakt. Auch unter Polizeiermittlern gibt es welche, die von dem Material erregt werden. Dieses Problem wird sorgfältig ausgeblendet, denn moralisch will niemand eine Schwäche zeigen. Die Strafe wurde weniger verschärft, wegen der Schwere des Delikts, sondern weil es schwer nachweisbar ist.

    Hier bleibt zudem der Verdacht, die Anschuldigungen hätten mit seinem Engagement im NSU-Untersuchungsausschuss zu tun. Das gilt ganz unabhängig davon, ob er schuldig ist oder nicht. Denn von Spitzenpolitikern werden systematisch schwarze Akten angelegt. Die Verknüpfung zum Fall Wulff wird weiter die Gerichte beschäftigen.

    Eine besondere Rolle spielt die SPD. Wer wusste wann von was? Dabei sticht allerdings heraus, wie schnell und wie gründlich die Sozialdemokraten auf Distanz zu ihrem Abgeordneten gingen. Intern ging es weniger darum, den eigenen Mann vor der Strafverfolgung zu schützen, wie Kohls Union es wieder und wieder praktiziert hat, sondern die Partei sollte aus der Affäre herausgehalten werden. Einigen ging es wohl auch nur um die eigene Karriere.

    Im Ergebnis hat die SPD maximalen Schaden, aufgeklärt wird nichts, der NSU-Untersuchungsausschuss hat seine Funktion praktisch eingestellt. Wulff bleibt laut Kohl weiter ein 'Verräter'. Für die Kinder war es auch eine Niederlage. 5000 Euro dürfte so manchen eher ermutigen. Ermittlungen gegen die Kanadische- und erst recht gegen die Russische Firma werden nicht einmal in Erwägung gezogen. Im Land Putins wird zwar alles, was nur entfernt homoerotisch sein könnte, mit aller Schärfe verfolgt. Trotzdem wird sich speziell dieser Bilderdienst keine Sorgen machen müssen. Nur was öffentlich aufsehen erregt, interessiert die Kreml-Oberen. Es gibt kaum einen Bereich, wo so viel geheuchelt und mit zweierlei Maß gemessen wird, wie beim Missbrauch von Kindern.

    • @mdarge:

      hab ich jetzt irgendwie nicht verstanden ungefähr so ich sehe Bilder im Internet oft rein zufällig melde die der Polizei und bekomme dann eine Anzeige wegen Kinderpornographie meinten Sie das so?