Kommentar Edathy-Prozess: Kein Urteil, keine Eindeutigkeit
War das ein Geständnis oder nicht? Naheliegender ist, dass Edathy auf einen Freispruch verzichtet hat, weil die Bilder doch recht eindeutig strafbar waren.
W ar das nun ein Geständnis oder nicht? Das Verfahren gegen Sebastian Edathy wegen Besitz von Kinderpornographie wurde gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt – nachdem Edathy erklären ließ, die Vorwürfe der Anklage träfen zu. Doch nur kurze Zeit später hieß es auf Edathys Facebook-Seite, ein Schuldeingeständnis sei das nicht gewesen. Na, was denn nun?
Edathy hat eingeräumt, dass er die Bilder selbst heruntergeladen hat. Damit kann er nicht mehr behaupten, möglicherweise habe eine andere Person seinen Computer benutzt. Er ließ aber offen, ob er das für strafbar hält. Vermutlich wird er bald wieder tönen, er habe gar nichts Verbotenes getan.
Auch das Landgericht Verden hat nun nicht festgestellt, dass Edathy eine Straftat begangen hat. Das ist das Wesen der Einstellung gegen Geldauflage. Der Staat spart sich einige Prozesstage, verzichtet dabei aber auf ein eindeutiges Urteil.
Politisch ist die Frage, ob sich Edathy Kinderpornographie oder legale Nacktbilder beschafft hat, nicht mehr relevant. Edathy hat sein Amt aufgegeben, und ein neues Mandat wird er kaum anstreben. Der bloße Voyeurismus der Öffentlichkeit ist dagegen kein hoher Wert.
Manche halten Sebastian Edathy nun für ein Opfer, das der Einstellung gegen Geldauflage nur zustimmte, damit nicht alle Welt die von ihm heruntergeladenen Bilder anglotzt. Das ist für Edathy bequem, aber keineswegs zwingend. Denn das Publikum hätte sich wohl auch bei einem Fortgang des Prozesses kein eigenes Bild machen können. Schließlich wird bei Fällen mit Intimbezug die Öffentlichkeit bei Gericht meist ausgeschlossen.
Naheliegender ist vielmehr, dass Edathy auf den Kampf um einen Freispruch verzichtet hat, weil die Bilder vielleicht eben doch recht eindeutig strafbar waren.
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