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Kommentar EU-Russland-GipfelPartnerschaft überdenken

Klaus-Helge Donath
Kommentar von Klaus-Helge Donath

Es ist an der Zeit, die strategische Partnerschaft mit Russland neu zu ordnen. Der Kreml will sich nicht einbinden lassen, setzt aber auf Realpolitik.

D ie halbjährlichen EU-Russland-Gipfel sind seit langem zum Ritual erstarrt. Die Partner haben sich nicht viel zu sagen. Die "Strategische Partnerschaft" ist nur noch eine Worthülse. Je größer der Aufwand für Reisen zu Gipfelspektakeln, desto bescheidener die Ergebnisse. So weit das Fazit der jüngsten Zusammenkunft in Chabarowsk an Russlands Grenze zu China. Es wurde kein gemeinsames Dokument unterzeichnet. Im Streit über Energiesicherheit blieben beide Seiten stur. Von der europäischen Initiative zur "östlichen Partnerschaft", mit der den Nachbarn Moskaus eine stabile Perspektive geboten werden soll, möchte der strategische Partner nichts wissen.

Es ist an der Zeit, die strategische Partnerschaft zu überdenken und vom ideologischen Überbau zu befreien. Denn längst musste Europa einsehen, dass die Annahme aus den frühen 1990er-Jahren, Russland wolle einen zivilisatorischen Entwicklungspfad einschlagen, der dem europäischen ähnelt, falsch war. Zwar sah die EU eine Aufnahme des riesigen Nachbarn nicht vor, dennoch sollte eine Angleichung von Institutionen, Rechts- und Wertesystem zu möglichst enger Verflechtung führen.

Diese Perspektive hatte jedoch schon Wladimir Putin ad acta gelegt. Der Kreml will sich nicht einbinden lassen. Trotz Globalisierung setzt er weiter auf Autarkie und Realpolitik. Nach dem Motto "Wenn jemand integriert, dann Russland". Eine Sprache, die die EU verlernt hat.

Will Brüssel mit dem Nachbarn zurechtkommen, gilt es, alte Sprachkenntnisse aufzufrischen und Sach- wie Interessenpolitik ohne metaphysischen Ballast zu betreiben. Erfolg wird sich einstellen, denn Russland braucht Europa dringender als umgekehrt. 60 Prozent des Exports gehen in die EU. Und russische Unternehmen würden am attraktivsten Binnenmarkt der Welt gerne mehr teilhaben. Mit diesem Pfand könnte die EU wuchern. Russland tut es mit seinem Gas schließlich auch.

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Klaus-Helge Donath
Auslandskorrespondent Russland
Jahrgang 1956, Osteuroparedakteur taz, Korrespondent Moskau und GUS 1990, Studium FU Berlin und Essex/GB Politik, Philosophie, Politische Psychologie.

3 Kommentare

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  • O
    Oleg

    Diesen Artikel wurde ins Russische übersetzt:

    http://inosmi.ru/translation/249337.html

  • S
    Sergey

    Heute Europa kontroliert Russland. Wir, Russen, zollen um unsere Freiheit gegen Europa kapmfen wie unsere Grossvaeter gekempft um 1941.

  • G
    gregor

    Würde man die Stelle über den "zivilisatorischen Pfad" einem Russen übersetzen, so könnte er denken, dass es in Deutschland eine rechte Zeitung geschrieben hat. War da nicht zuletzt Gorbatschow, der über die Presse in Deutschland seine kritische Meinung sagen musste? Hier findet man ein Beispiel für eine Antwort auf die Frage - Warum Gorbatschow es so sagte.