piwik no script img

Kommentar EU-KlimavorgabenGehätschelte Autoindustrie

Kommentar von Daniela Weingärtner

Der deutsche Protest in Brüssel zeigt: Fachminister und Regierungschefs richten ihr Handelns stets an nationalen Standortüberlegungen aus. Umwelt und Klima haben das Nachsehen.

G leich zwei Mal hat das Europäische Parlament diese Woche heftig protestiert. Zunächst am Mittwoch gegen den Vorschlag der EU-Kommission, ab dem Jahr 2012 verbindliche Obergrenzen für den CO2-Ausstoß bei Personenwagen festzulegen. Schließlich gestern gegen den Beschluss der EU-Umweltminister, im gleichen Jahr den Luftverkehr in den Emissionshandel einzubeziehen.

Kurios ist nur, dass den Abgeordneten beim Autoverkehr der Klimaschutz zu weit geht, beim Luftverkehr hingegen nicht weit genug.

Am lautesten wetterten die deutschen CDU- und SPD-Abgeordneten dagegen, dass die Autoindustrie demnächst zur Kasse gebeten werden soll. Schließlich werden die großen Schlitten in Deutschland produziert. Bei den Flugzeugemissionen hingegen fallen dem deutschen CDU-Abgeordneten Peter Liese die in Bali gefassten Klimabeschlüsse wieder ein, und er fordert strengere Sparziele als die Umweltminister.

Für das Klima macht es keinen Unterschied, ob die schädlichen Emissionen aus der Auspuffdüse eines BMWs oder einer Boeing stammen. Das wissen natürlich auch die Abgeordneten. Doch noch näher als die Zukunft des Planeten liegt ihnen die Gunst ihrer Wähler. Die wissen, dass an BMW und Daimler in Deutschland viele Arbeitsplätze hängen. Natürlich wird es auch in der Tourismusbranche Einbrüche geben, wenn das Fliegen etwas teurer wird. Doch verteilt sich die Belastung gleichmäßiger über die EU als in der Autobranche.

Die Fachminister und Regierungschefs haben ihr Handeln in EU-Gremien schon immer an solchen nationalen Standortüberlegungen ausgerichtet. Dem Parlament oblag, ans gemeinsame Ganze zu denken. Aus der Erkenntnis heraus, dass Luft und Wasser sich nicht an Grenzen halten, setzte es sich fast immer für ehrgeizigere Umweltziele ein als der Rat. Doch seit dem Regierungswechsel in Berlin lässt sich beobachten, dass eine große Koalition aus deutschen Sozialdemokraten und Konservativen sich die industriefreundliche Haltung der Bundesregierung zu Eigen macht. Gegen diesen größten nationalen Block im Parlament kommen die anderen Gruppen nicht an. Umwelt und Klima haben das Nachsehen.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!