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Kommentar Dioxin in Öko-EiernBio bleibt besser

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Hat es jetzt keinen Sinn mehr, sich für Bioprodukte zu entscheiden? Doch. In der Vergangenheit gab es immer wieder Dioxinskandale - dass es nun Bioeier getroffen hat, ist Zufall.

F ür viele Käufer von Biolebensmitteln dürfte in diesen Tagen eine Welt zusammenbrechen: Wurde doch der krebserregende Stoff Dioxin in Eiern aus ökologischer Produktion gefunden. Hat es jetzt keinen Sinn mehr, sich für Bioprodukte zu entscheiden?

Doch. Denn dass es nun Bioeier getroffen hat, ist Zufall. In der Vergangenheit gab es immer wieder Dioxinskandale - meistens um konventionelle Lebensmittel: zum Beispiel im Dezember 2008, als Industrieöl in Schweinefutter geraten war; oder früher um Milchprodukte aus Italien und Hühnerfleisch aus Belgien. Das zeigt: Wer jetzt denkt, er sei bei konventionellen Produkten eher vor Dioxin geschützt, irrt.

Allerdings gibt es ein Menge anderer Argumente, die für biologisch erzeugte Lebensmittel sprechen. Denn Biobauern dürfen keine chemisch-synthetischen Pestizide und leicht lösliche Stickstoffdünger benutzen. Die konventionelle Landwirtschaft dagegen bringt immer wieder zu viel Stickstoff aus, der in den Brunnen der Wasserwerke landet. Dabei trägt eine Stickstoffverbindung im Trinkwasser dazu bei, krebserregende Chemikalien zu bilden. Agrochemikalien stören auch das ökologische Gleichgewicht und schmälern die Artenvielfalt. Die Dünger verursachen jede Menge Treibhausgase. Ganz abgesehen davon, dass Tiere in der Biolandwirtschaft besser behandelt werden.

Der Autor

Jost Maurin arbeitet im Wirtschafts & Umwelt-Ressort der taz.

Die privaten Biokontrolleure überprüfen, ob die Bauern diese Vorschriften einhalten. Die EU-Ökoverordnung verlangt aber keine Kontrollen zu Dioxinen, denn Grenzwerte für solche Schadstoffe gibt es in anderen Gesetzen. Diese durchzusetzen, ist Aufgabe der Behörden. Deshalb ist der Eierskandal nicht der Skandal der Biobranche, sondern der amtlichen Lebensmittelkontrolle. Sie muss endlich mehr Personal bekommen und effizienter kontrollieren.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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5 Kommentare

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  • D
    Dennis

    Man muss nur Utes und Björns Beiträge zusammenführen:

     

    Unsere Wirtschaftssysteme führen zu Markt-, Vertriebs- und Herstellerkonzentrationen. Zwangsläufig.

    Und da wundert es mich nicht.

     

    Wir leben in einer Matrix:

    "Its a closed system, Mr. Anderson, there is nowhere, where we cant follow."

     

    Und wenn das alles nicht entsprechend kontrolliert und bis zur Betriebsschliessung härtestens sanktioniert wird, wird eben auch nichts besser.

     

    Und es wird auch nichts besser wenn man Bewegungen in den Märkten entgegen dieser Konzentrationen stärkt, von staatlicher Seite aus. Durch regulierende Gesetze am Besten, Abbau von Steuergeschenken an die Großkonzerne.

     

    Aber solange Frau Merkel als Phyisikerin noch an die Atomkraft glaubt...

  • UB
    Ute Bohnsack

    @Anke

    Den Produzenten kann man die Sache auch nicht gerade ankreiden. Lass mich das an meinem eigenen Beispiel erklären: Ich lebe in Irland, habe einen Kleinsthof, bin nicht bio-zertifiziert, verfüttere aber Biofutter und verkaufe aus meiner Hobbyhaltung c. 2000 Eier im Jahr in der Nachbarschaft (wohlgemerkt nicht als Bio gekennzeichnet, das wäre ohne Zertifizierung illegal). In Irland gibt es zwei Quellen für Bio-Legehennenfutter, Bio-Kükenfutter, Bio-Mastfutter usw.: die eine bezieht das Futter aus England, die andere aus Holland von Van Gorp. In Irland wird solches Futter nicht produziert. Seit Februar nutze ich das Legehennenfutter aus England, davor bezog ich das Legehennenfutter, das aus Holland importiert wird (Kostenpunkt: EUR 15,50/25kg - Nix von wegen "im Billigladen hinter den sieben Bergen"). Im Februar kaufte ich aber noch Kükenfutter, ein bisschen Mastfutter für die letzten Gockel aus 2009 und auch Kraftfutter für meine Milchziegen, alles Bio aus NL importiert von einer Firma in Wicklow. Jetzt musste ich leider erfahren, dass die holländische Firma Van Gorp offenbar auch einen Teil der kontaminierten Maisladung verarbeitet hat. Van Gorp wird in NL von SKAL zertifiziert, der Importeur wird hier in Irland von IOFGA zertifiziert. Das Futter ist 'ne ganze Ecke teurer als konventionelles Futter. Was soll ich als Futterkäufer denn tun? Selber auch noch das Futter analysieren lassen? Das wäre so als würdest Du im Supermarkt ein Steak kaufen und davon zur Vorsicht noch eine Probe ans Labor schicken, bevor Du es Deiner Familie servierst. Genauso geht es den kommerziellen Eierproduzenten. Die müssen sich auf die staatlichen Kontrollen und die Verbandskontrollen verlassen können und da ist offenbar was schief gelaufen. Über die Tatsache, dass Mais aus der Ukraine verarbeitet wird, bin ich allerdings noch mehr verärgert, als über das Fakt, dass ich kein Legehennenfutter aus heimischer, irischer Produktion kaufen kann. Von wegen 'local food'...

  • BN
    Björg Neustein

    Natürlich wäre es Aufgabe der sogenannten amtlichen Lebensmittelkontrolleure, regelmäßig Hühnereier auf Dioxin und andere Gifte zu checken.

     

    Wie man aus der Lebensmittelbranche hört, funktioniert diese Kontrolle nur in Baden-Württemberg tatsächlich. Denn sie muß natürlich auch politisch gewollt und entsprechend unterstützt sein, darf nicht von vornherein persönlich oder institutionell korrumpiert sein. Ebenso bedarf es kompetenter, in der Breite der vielen Problematiken ausgebildeter Mitarbeiter, die wissen, was Sache ist.

     

    Wie die vielen Millionen Fälle von bizarren Grenzwertüberschreitungen bei Pestizidrückständen in konventionellem Obst und Gemüse zeigen, ist eine Kontrolle nicht immer gewollt und der Verbraucherschutz findet z.B. im Obst- und Gemüsebereich gar nicht mehr statt. Vereinzelte Stichproben können nicht das Gegenteil beweisen.

     

    Die hygienischen Langzeit-Zustände in der konventionellen Massentierhaltung spotten jedem staatlichen Anspruch 10000-mal Hohn. Kranke Tiere werden dennoch geschlachtet und die Kadaver zu "Lebensmitteln" weiterverarbeitet, wie man aus Berichten Beschäftigter in Schlachtbetrieben weiß.

     

    Die Kontrollen, so sie denn stattfinden, sind oft formaler Natur. Geschaut wird nach sichtbarem Schmutz und Protokollen von Kühlschranktemperaturen - von z.B. mikrobiellen Risiken haben die oberflächlichen Amtskontrolleure scheinbar gar keine Ahnung, sonst würden sie derlei Zustände wie in der konventionellen Massentierhaltung nirgends auch nur einen Tag lang genehmigen. Der Staat muß sich an seinen eigenen hochgesteckten Ansprüchen messen lassen - mit der jetzigen Beamten-Dilettantentruppe allerdings wird das rein gar nichts.

  • A
    angela

    lobbyisten, auch hier?

  • A
    anke

    Zufall? Einen Zufall würde ich es nicht nennen, wenn in deutschen Bio-Eiern jetzt Dioxin auftaucht. Auch Bio-Produkte können nicht viel besser sein als ihre Produzenten. Wer dem angeblich mündigen Verbrauchen bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Öko-Bauern seines Vertrauens empfiehlt, gleichzeitig aber das Futter für seine glücklichen Hühner im Billigladen hinter den sieben Bergen erwirbt, der hatte nicht einfach nur Pech. Der ist schlicht ein Opfer seiner eigenen Inkonsequenz geworden. (Oder etwas weniger freundlich ausgedrückt: Schon recht, dass Schein-Heiligkeit nicht unbedingt in den Bio-Himmel führt). Und übrigens: So viel staatliche Kontrolle, dass jeder, der aus reiner Berechnung wider besseres Wissen handelt, daran gehindert werden kann, ein Idiot zu sein, sollte man sich gerade in Deutschland lieber nicht wünschen. Auch nicht als Bio-Fan.