Kommentar Deutschtest-Pflicht: Unnütze Schikane
Es wäre auch politisch klüger, die Deutschtest-Pflicht für Ehegatten schnell wieder abzuschaffen. Gezielte Unfreundlichkeit schafft erst die beklagten Integrationsprobleme.
S icher ist die Beherrschung der deutschen Sprache ein wichtiger Schlüssel zur Integration. Das rechtfertigt aber noch lange nicht, von ausländischen Ehegatten schon vor deren Zuzug nach Deutschland einen Sprachtest zu verlangen: Die EU-Kommission hält dies nun sogar für unzulässig. Doch unabhängig von der Rechtslage wäre es auch politisch klüger, diese 2007 eingeführte Schikane schnell wieder abzuschaffen.
Derzeit wird nur der Nachweis einfachster Sprachkenntnisse verlangt. Fraglich ist, ob die paar Brocken Deutsch tatsächlich die Integration erleichtern. Und da ein Visum meist erst Monate nach dem Test erteilt wird, haben viele ihre "Deutschkenntnisse" bis dahin fast wieder vergessen.
Der Deutsch-Test war vor allem als innenpolitisches Signal gedacht ("die Ausländer sollen sich mal anstrengen"). Hinzu kam eine gewisse Abschreckungswirkung für besonders bildungsferne Schichten. Für die Betroffenen ist er vor allem lästig. Denn nicht überall gibt es Deutschkurse. Oft ist sogar ein Umzug erforderlich, um daran teilzunehmen zu können. Und um wie viel einfacher ist es, die Sprache erst in Deutschland zu lernen, nachdem man zum Ehepartner gezogen ist und das Erlernte im Alltag sofort anwenden kann?
ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Jeder halbweg vernünftige Einwanderer wird Deutsch lernen wollen. Die Behörden können das mit guten Angeboten und freundlicher Ermunterung unterstützen. Wir brauchen eine Integrationspolitik, die es ernst meint und signalisiert, dass Deutschland zur Integration bereit ist. Derzeit senden wir zu viele ambivante Signale aus.
Besonders dumm ist es, wenn gerade der größten Migrantengruppe, den Türken, immer wieder signalisiert wird, dass man sie für Einwanderer zweiter Klasse hält: Andere bekommen den Doppelpass, Türken nicht. Andere brauchen keinen Sprachtest, sie schon. Diese Politik der gezielten Unfreundlichkeit hilft kräftig mit, sogenannte Integrationsprobleme erst zu schaffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr