Kommentar Datenskandal um EC-Karten: Orwell an der Kasse
Firmen gieren danach, EC-Karten-Daten mit Rabattkartendaten abzugleichen - um so Verbraucherprofile zu erstellen. Diesem Treiben muss die Politik ein Ende setzen.
D ie Firma Easycash, die sich auf Dienstleistungen rund um den bargeldlosen Zahlungsverkehr spezialisiert hat, kennen die allerwenigsten - aber was eines ihrer Tochterunternehmen geplant hat, geht fast alle etwas an. Zumindest alle, die schon mal ihre EC-Karte beim Einkaufen oder Tanken oder Buchen benutzt haben und dabei in die Fänge der Hamburger Firma Easycash Loyalty Solutions hätten geraten können.
Deren - illegale - Idee war offenbar: Daten von EC-Karten-Vorgängen mit denen von Rabattkartendaten abzugleichen und so umfangreiche Verbraucherprofile zu erstellen. Auch wenn die Idee letztlich nicht umgesetzt wird: Die Gefahr, die von Unternehmen für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ausgeht, ist groß.
Was nun in Hamburg ans Licht kam, erinnert an die Diskussionen aus der Zeit, in der die kontobezogenen Geldkarten aufkamen, die heute gängig sind. Damals fürchteten Kritiker, der Staat könne so Konsum- und Bewegungsprofile seiner Bürger erstellen. Während dem Staat, dessen Institutionen durch gewählte Gremien kontrolliert werden, nach und nach Grenzen gesetzt wurden, gerieten die Unternehmen aus dem Blick.
RICHARD ROTHER ist Redakteur im Ressort Wirtschaft und Umwelt.
Nur so ist zu erklären, dass sich in den Führungsetagen mancher Firmen ein Denken durchsetzte, das die hemmungslose Datensammlung, das Bespitzeln der Mitarbeiter oder das Erstellen und Verkaufen von Kundenprofilen für akzeptabel hält.
Diesem Treiben muss die Politik ein Ende setzen: sie muss Datenschutzvorschriften durchsetzen, notfalls verschärfen. Das geplante Arbeitnehmerdatenschutzgesetz kann nur ein Anfang sein. Für Verbraucher aber gilt es, möglichst wenig Datenspuren zu hinterlassen. Dazu gehört, Rabattkarten zu meiden und öfter bar zu bezahlen. Firmen wie Easycash gefällt das sicher nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“