Kommentar Daimler: Hoffnung statt Bedrohung
Abu Dhabi investiert in Daimler. Interessant daran: Anders als noch vor wenigen Monaten sind ausländische Staatsinvestitionen keine Drohkulisse mehr.
Stephan Kosch ist Redakteur im taz-Ressort Wirtschaft & Ökologie.
Das Emirat Abu Dhabi steigt bei Daimler ein, wird größter Einzelaktionär des Unternehmens, und alle freuen sich: Daimler über rund 2 Milliarden Euro frisches Kapital, die offenbar dringend nötig waren. Die Altaktionäre freuen sich, weil Daimler so ein teurer Kredit erspart bleibt, und die neuen Aktionäre aus dem Emirat sowieso, weil sie noch vor einem Jahr das Doppelte für die Aktien hätten bezahlen müssen.
Und natürlich freut sich auch die Bundesregierung über das Interesse des Staatsfonds an der deutschen Automobilbranche. Doch das lässt aufhorchen. Denn noch vor nicht allzu langer Zeit hatte doch unter anderem Bundesfinanzminister Peer Steinbrück warnend den Zeigefinger gehoben, als es um den wachsenden Einfluss von staatlichen Investmentfonds ging. Dass jene dabei waren, sich mit Staatsgeld in Rohstoffkonzernen und anderen strategischen Branchen einzukaufen, sorgte im Westen für Ängste. Deshalb sollten die Staatsfonds zurückgedrängt werden, damit nicht irgendwann noch China unsere deutsche Energiewirtschaft kontrolliert oder die Rüstungskonzerne. Ein paar Monate und eine Finanzkrise später zeigt sich die Absurdität dieser Ängste. Gerade Daimler verdient mit Rüstung so manchen Euro, und generell wird die Politik auch nicht müde zu betonen, dass die Automobilindustrie eine Schlüsselindustrie ist.
Dass der Einstieg eines weiteren arabischen Staates bei Daimler nun keine Abwehrreflexe mehr weckt, hat einen einfachen Grund: Private Investoren sind derzeit zu solchen Transaktionen offenbar nicht in der Lage. Entweder weil sie ihr Geld zusammenhalten wollen oder ihre Käufe sowieso vor allem über Kredite finanziert haben, die derzeit nicht mehr fließen.
Ausländische Staaten als Investoren sind also keine Drohkulisse mehr, sondern eine vielversprechende Hoffnung für krisengeschüttelte Unternehmen. Wenn Chinas Staatsfonds CIC, der demnächst auf Einkaufstour gehen will, mal halt in Detroit machen und Opel kaufen würde, hätte wohl niemand mehr etwas dagegen.
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