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Kommentar Clintons RückzugNeuer Anlauf in vier Jahren

Kommentar von Adrienne Woltersdorf

Hillary Clinton zieht sich zwar zurück, taktiert aber munter weiter. Denn in vier Jahren will sie noch einmal kandidieren können. Auch gegen Obama.

Bild: taz

ADRIENNE WOLTERSDORF ist USA-Korrespondentin der taz.

Sie hat es gesagt. Dafür, dass Hillary Clinton endlich ihre Niederlage eingestand, gebührt ihr allein schon Dank. Die gescheiterte Bewerberin wird nun gelobt für ihre wahrlich bewegenden Worte im Hinblick auf ihre historische Rolle: Noch nie hat eine Frau versucht, so weit in das Männerreich Weißes Haus vorzudringen. Die Chancen von Frauen in der politischen Arena werden dank ihr, Hillary, künftig besser sein als je zuvor. Denn die US-Politikerin hat gezeigt, wie normal es sein kann, dass eine Frau zäh und ausdauernd um jede Stimme kämpft, mit allen "männlichen" Mitteln, die dazu üblicherweise angewandt werden. Doch ist Hillary, die unterlegene und nun gefeierte Wahlkämpferin, damit übers Wochenende zur loyalen Obama-Unterstützerin mutiert?

Zweifel sind angebracht. Zwar hat die Senatorin ihre rund 18 Millionen WählerInnen dazu aufgerufen, nun mit voller Kraft Obama zu unterstützen. Doch zwischen den Zeilen blieb Clinton weiterhin vage, für wie geeignet sie den Newcomer tatsächlich hält. Was sich in Hillarys Formulierungen andeutet, ist eine vorsichtige, kalkulierende Gratwanderung. Sie will nicht weiterhin den Zorn der ohnehin schon schwer entnervten Parteiführung auf sich ziehen. Schließlich braucht auch Hillary eine politische Heimat. Sie will aber auch genügend Distanz zu Obama wahren, um in vier Jahren, wenn der Mann gescheitert sein wird, sagen zu können: Hab ich es euch nicht gesagt? Schließlich ist nicht auszuschließen, dass sie 2012 erneut antreten will.

Um sich wirklich voll hinter Obama zu stellen, fehlten ihrer Rede der Biss und die klare Zieldefinition. Die Abkehr von der George-Bush-Politik und der notwendige Sieg über den republikanischen Kandidaten John McCain fehlten. Schließlich haben Clinton-Wählerinnen immer wieder angedroht, aus Frust McCain wählen zu wollen, sollte ihre Kandidatin scheitern. Clinton gerierte sich nun erneut als Vorkämpferin der Frauen, die, nun ja, leider jetzt erst mal einen Mann, Obama, wählen müssen, mangels Alternative. "Volle Unterstützung" sieht anders aus.

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