piwik no script img

Kommentar China auf der BuchmesseEin ganz normales Business

Jörg Sundermeier
Kommentar von Jörg Sundermeier

Die Buchmesse dient der Buchwirtschaft. Das ist ihr einziger Zweck.

W ieder einmal sieht man die Veranstalter der Frankfurter Buchmesse irritiert. Denn erneut verhalten sich Vertreter eines Gastlandes so, wie sie sich schon immer verhalten haben. Die Buchmesse aber staunt jedes Mal neu.

2004 war die "Arabische Welt" eingeladen. Als einige der arabischen Verlage dann stolz die "Protokolle der Weisen von Zion" und andere antisemitische Hetzschriften präsentierten und mehrere arabische Länder keine Oppositionellen auf Veranstaltungen leiden mochten, gab sich die Buchmesse überrascht. Diesmal ist mit China ein Gast geladen, der keine Pressefreiheit und keine Demokratie kennt und dessen Vertreter über Politik nicht offen diskutieren mögen. Wieder ist die Buchmessenleitung verwirrt, lädt Oppositionelle aus, um sie anschließend wieder einzuladen, weil die heimische Presse missbilligt. Eine peinliche Angelegenheit, für alle Beteiligten.

Woher kommt die immer neue Überraschung? Liest man in Frankfurt den Politikteil der Zeitungen nicht? Die Buchmesse dient der Buchwirtschaft. Das ist ihr einziger Zweck. China bietet 1,3 Milliarden potenzielle Kunden. Moral ist da egal. Moral ist auch nicht die Angelegenheit der Buchmesse - auf der Messe ist das Buch eine Handelsware. Der Inhalt von Büchern ist dort nur noch so entscheidend wie ihr Erscheinungsbild. Der kritische Gehalt der Bücher wird andernorts diskutiert. Den Chinesen wiederum dient die Messe dazu, für ihr Land zu werben. 2010 präsentiert sich Argentinien, 2008 tat dies die Türkei. Wirtschaftsinteressen herrschen vor. Kritik an diesen Staaten stört dabei.

Man wirbt, man verkauft, man hat keine Zeit für Gelaber: Das ist eine Buchmesse. Von Moral sollte man da nicht reden. Damit würde man sich auch die ganze Verlogenheit ersparen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Jörg Sundermeier
1970 in Gütersloh geboren, lebt in Berlin. Er betreibt mit Kristine Listau den Verbrecher Verlag (den er 1995 mit Werner Labisch gegründet hat) und ist Autor für diverse Zeitungen und Magazine. Er schrieb mehrere Bücher. Zuletzt „Die Sonnenallee" und „11 Berliner Friedhöfe, die man gesehen haben muss, bevor man stirbt".
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • KK
    Klaus Keller

    Buchrechteverwertungshandelsmesse klingt nicht so schön, würde die Veranstaltung aber vielleicht besser beschreiben.

     

    Keine Moral,Ethik,Philosophie,Literaturmesse halt,und selbst wenn,es gibt auch eine Philosophie der Abschreckung und Taliban glauben auch moralisch zu handeln.

     

    Ein Marktplatz der Scheinheiligkeiten.

     

    klaus keller hanau