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Kommentar Castor-ProtesteDie Chaoten sitzen in Berlin

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Castor-Gegner haben die Öffentlichkeit überzeugt, ihre Gegner hingegen haben sich blamiert. Die Glaubwürdigkeit von Umweltminister Röttgen ist in Frage gestellt.

M it ihrem Protest gegen den Castor-Transport nach Gorleben haben die Atomkraftgegner einen klaren Punktsieg gegen die Regierung erzielt. Die massenhafte Beteiligung an der Demonstration und den Blockaden zeigt, dass die schnell durchgedrückte Entscheidung über die Laufzeitverlängerung nicht zu Resignation, sondern zu verstärktem Engagement geführt hat. Mit beeindruckenden Szenen von entschlossenem, friedlichem Protest unter widrigen Bedingungen konnten die Atomkraftgegner überdies den Kampf der Bilder für sich entscheiden. Deutlich wurde, dass hier Menschen aus allen Schichten unter großem persönlichem Einsatz gegen eine unverantwortliche Politik auf die Straße gingen. Der Versuch, sie als gewalttätige Chaoten zu denunzieren, ist gescheitert.

Die Castor-Gegner konnten die Öffentlichkeit aber auch deshalb überzeugen, weil sich ihre Gegner so blamiert haben. Umweltminister Norbert Röttgen redet zwar gerne von Transparenz und Dialog - doch bei der Erkundung von Gorleben blieb die Öffentlichkeit außen vor, und im Wendland ließ sich der Minister noch kein einziges Mal blicken. Auch den Widerspruch, ein "ergebnisoffenes Verfahren" zu versprechen, aber nur einen einzigen Standort zu untersuchen, vermag er nicht aufzulösen.

Besonders eklatant zeigt sich die Diskrepanz zwischen Reden und Handeln bei seinem Vorstoß, hochradioaktiven Atommüll aus Deutschland nach Russland zu schicken. Von "sicherer Endlagerung" und "nationaler Verantwortung" für den Atommüll zu reden und gleichzeitig alte Brennelemente in einen skandalträchtigen Atomkomplex am Ural schicken zu wollen, nimmt Röttgen die letzte Glaubwürdigkeit.

Bild: taz
Malte Kreutzfeldt

Malte Kreutzfeldt leitet das taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt. Er hat die Proteste gegen den 12. Castor-Transport im Wendland über den gesamten Zeitraum vor Ort verfolgt.

Es ist zwar nicht zu erwarten, dass die Regierungskoalition ihre umstrittene AKW-Laufzeitverlängerung aufgrund der Proteste im Wendland zurücknimmt. Aber die Chancen sind gestiegen, dass sich ihre eigene Laufzeit dadurch verkürzt hat.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

7 Kommentare

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  • RF
    Rosemarie Finke-Thiele

    Der TAZ gebührt große Anerkennung für die Berichterstattung vom Protest gegen den Castor- transport und ebenso für die Weiterführung des Themas : Widerstand gegen Atomkraft.

    Leider kann ich der Formulierung "Chaoten in Berlin" nicht zustimmen, denn in der Regierungskoalition sitzen ganz kühl berechnende Strategen, die genau wissen, was sie tun! Die Konsequenzen für die Bevölkerung sind den "Entscheidern" augenscheinlich

    völlig egal.

    Ich kenne übrigens viele "gutbürgerliche" Leute, denen es jetzt reicht und die entschlossen sind, sich bei den nächsten Protestaktionen im Wendland oder anderswo Sitzblockierern, Straßenblockierern und den wunderbar kreativen und bodenständigen Bauern anzuschließen. Wir kommen auch alle!

  • J
    Johannes

    @Hofmann,M: Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich die Mehrheit der Deutschen zu einer Demostration bewegen wird. Bei einer Wahlbeteiligung von etwa 50% merkt man ja wie interressiert Deutschland ist.

     

    Außerdem hat leider nicht jeder die möglichkeit an einer mehrtägigen Demonstration teilzunhemen. Irgendwann muss man ja auchnoch arbeiten. Hinzu kommen noch anreise kosten.

    Ich glaube, dass es trotzdem mehr Leute in Deutschland gibt, die gegen Atomkraft sind als welche die dafür sind!

  • A
    alcibiades

    Liebe Taz-ler, wo und wann ist denn der Müll nach Russland unterwegs? Kriegt das doch mal raus. Wir kommen ALLE.

  • H
    Hofmann,M

    Nein! Das muss hier schon mal richtig gestellt werden!

    Die Chaoten waren hier vor Ort in Gorleben unterwegs!

    Auch wer diesen Chaotentrip in Gorleben als beweis anführt, dass das deutsche Volk gegen diese Transporte bzw. Atomkraft ist, kann nicht rechnen!

    5.000 Chaoten sind keine Mehrheit in Deutschland!

    25.000 Demonstranten vor Ort sind auch keine Mehrheit in Deutschland. Das ist nichtmal 1% von der deutschen Bevölkerung. Da ist bie jeden Bundesligaspiel mehr geboten.

    Die Chaoten waren eindeutig in Gorleben unterwegs und die gleichen Chaoten sind auch in Stuttgart 21 zu gange. Die haben nur das Ziel, den deutschen Staat zu schädigen!

  • B
    Blocker

    WEr blockiert hier eigentlich die Zukunft?

     

    Ich denke auch, ..das in Berlin die CHAOSTage ausgebrochen sind. SEltst ein Herr Lammert..., er ist ja offiziell der 2. Mann im Staate, mokiert sich heftig über die Art und Weise der Laufzeitveränderung.., aber auch anderer Gesetze..die eben mal durchgezogen wurden.

     

    Diese Regierung lebt nun wirklich in einer Parallelgesellschaft mit Grundeinkommen und Blockadementalität

  • CC
    Claus Carstensen

    Besonders peinlich wird Röttgen, wenn er versucht sich mit markigen Sprüchen eine Art von Profil zu schaffen.

     

    Und vergessen wir nicht:

     

    Als der Verlängerungsgesetz für sein ureigenstes Fachgebiet von Industrie und Regierung endverhandelt und unterschrieben wurde, war er schon zu Hause im Bettchen, Mutti Merkel hat ihn da wohl nach Hause geschickt.

     

    Na, schaun wir mal, wie er NRW aus dem Sumpf fährt.

     

    Er hat ja mit verkauften Treffen ebenfalls einige Erfahrung, da sollte er Rüttgers ja gut ersetzen können.

     

    Eine Theorie: Die haben da gar nicht gemerkt, daß sein Name nur so ähnlich klingt, er wirkt so nebelhaft, daß sie denken, sie haben ihren alten Chef wieder.

  • A
    Amos

    Ein Mensch,der ständig grinst, ist schon verdächtig, auch dann,wenn er gar nichts macht. Und sagt er was,weiß man nicht, sagt er jetzt die Wahrheit oder lügt er. Röttgen hat sich die Maske des Truges angelegt und kommt nicht mehr davon los. Ein hervorragender "Herausredner". Und jetzt noch Bahr dazu, der bereits mit 14-Jahren in die Politik ging, dann ist das Wolkenkuckucksheim perfekt.Etwas mieseres konnte NRW nicht passieren! Der CDU/FDP-Regierung ist doch eigentlich ziemlich egal, wo der Atommüll hinkommt-, Hauptsache, weg! Wenn es um die Kosten für Renten und Soziales geht, heißt es stets:Wir müssen an die Zukunft der folgenden Generationen denken.Den folgenden Generationen aber den Atommüll zu hinterlassen um den Lobbyisten die Taschen zu füllen, das ist schon krank. Auf den Schwächsten wird rumgetrampelt und vor der Lobby knickt man ein. Dazu soll der Steuerzahler noch die Kosten für die Transportsicherung der Castoren bezahlen( ein Transport ca. 50-Millionen)...

    und wie viele kommen noch? Wenn das nicht die Politik von Wahnsinnigen ist, dann frag ich mich wo beginnt der.