Kommentar CSU: Aus allen Wolken gefallen
Die Panik, die Führungslosigkeit, ja die Normalisierung der CSU ist vor allem schade für die Menschen in Bayern.
Es scheint sich langsam ausgeschwebt zu haben in Bayern. Nicht nur für den Transrapid, diese ewige Magnetschwebebahn, die vergangene Woche aufs Abstellgleis geschoben wurde. Nein, auch das Bayern-Tandem aus CSU-Chef Erwin Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein hat sich - und damit ihre Partei - in den letzten Wochen mit beeindruckender Einfalt in den Graben geradelt. So hat es jetzt in Bayern wohl ein Ende mit dem freundlich-netten Schweben über allen Wolken, das mit dem Amtsantritt von Beckstein im Oktober eingeläutet worden war.
Beckstein wollte die Projekte von Stoiber weiterführen, gleichzeitig aber, ganz geerdet, für alle Menschen ansprechbar sein. Doch die menschennahe Kommunikationsoffensive des netten Herrn Beckstein von nebenan aus Nürnberg klappt leider nicht immer. In einem Redaktionsgespräch mit einer nordbayerischen Zeitung fiel anscheinend mehr zufällig die Information, dass sich die Schulden der Landesbank auf etwa vier Milliarden Euro verdoppeln. Dem Vernehmen nach wurde Tandempartner und Finanzminister Huber davon völlig überrascht. Und das an dem Tag, nachdem der Stoiber-Express Hals über Kopf beerdigt worden war.
Davor ein Debakel bei den Kommunalwahlen, bei dem die Tandempartner gleich zweimal aus dem Tritt gerieten: Erst gab Beckstein das Rauchverbot als Grund für die Pleite aus. Dann rief Huber zu einer Pressekonferenz mit vorgeblich ganz neuen CSU-Schwerpunktthemen - so überstürzt, dass die Hälfte des Pressecorps bei der Einladung vergessen wurde. Hängen blieb von diesem Termin dann allein seine Forderung nach einer Wiedereinführung der Pendlerpauschale, deren Abschaffung die CSU vor kurzem noch unterstützt hatte.
Die Panik, die Führungslosigkeit, ja die Normalisierung der CSU ist vor allem schade für die Menschen in Bayern. Recht bald wird Beckstein seinen Kommunikationsstil ändern - und Bayern vielleicht wieder von einem menschenfernen Regierungschef à la Stoiber geleitet. Dann schwebt rein gar nichts mehr in Bayern. MAX HÄGLER
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