Kommentar Burka-Verbot: Islamophobie statt Ökonomie
Es fehlen Wirtschaftskonzepte, also verbietet man mal die Burka. Das kostet ja nichts.
S chätzungsweise 600.000 Langzeitarbeitslose verlieren in diesem Jahr in Frankreich ihren Anspruch auf Leistungen und werden sich an die Fürsorge wenden müssen. Ihnen bot Staatspräsident Nicolas Sarkozy in einer Fernseh-Plauderstunde vage Aussichten auf mehr Wirtschaftswachstum an, das alle Beschäftigungsprobleme lösen soll. Das wars.
Die wahre Priorität der Republik "genießen" ganz offensichtlich die fünfhundert bis zweitausend Frauen, die mit ihrem Ganzkörperschleier angeblich die Gesellschaft schockieren. Seit Monaten suchten die Mitglieder einer parlamentarischen Kommission nach Wegen und Mitteln, dieses "Symbol der Knechtung der Frau" aus Frankreich zu verbannen.
So steht es im 170 Seiten dicken Bericht, der auf gesetzliche Verbotsmaßnahmen drängt. Die unterschiedliche Eile und Prioritätensetzung lässt zunächst an einen bloßen Verhältnisblödsinn denken. Doch vielleicht ist diese Burka-Debatte, die nun schon so lange die Parteien in Frankreich beschäftigt und erhitzt, ein reines Ablenkungsmanöver, um nicht von der tiefen Krise der kapitalistischen Wirtschaft reden zu müssen. Denn es ist kein Zufall, dass gerade jetzt so viel Energie auf die Bekämpfung des neuen ideologischen Staatsfeindes verwendet wird.
Nicolas Sarkozys Regierungspartei UMP will mit einer immer mehr nationalistisch gefärbten Kampagne verhindern, dass bestimmte von der Krisenpolitik enttäuschte Wählerschichten zur extremen Rechten abwandern. Immigrationsminister Eric Besson, den Sarkozy seine "Klinge" nennt, startete zu diesem Zweck eine unselige Debatte über die nationale Identität, die inzwischen zu einem Spucknapf für fremdenfeindliche und häufig gegen Muslime gerichtete Ressentiments geworden ist. Das Minarettverbot in der Schweiz hat in der UMP zusätzlich Tabus gebrochen und Hemmschwellen gesenkt. Gegen den Schleier lässt sich seitdem sogar mit ausgesprochen gutem Gewissen wettern.
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